Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5

Systematisches Amyloidose-Screening bei Patienten mit Aortenklappenstenose
K. Wrede-Wihl1, S. Sömken2, F. Knebel2, B. Pieske3, K. Hahn4, D. Messroghli1, I. Mattig2
1Klinik für Innere Medizin - Kardiologie, Deutsches Herzzentrum Berlin, Berlin; 2CC11: Med. Klinik m. S. Kardiologie und Angiologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin; 3Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin; 4Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie, Charité Berlin CCM, Berlin;
Hintergrund
Die Aortenklappenstenose (AS) zählt zu den häufigsten Herzerkrankungen. Die ATTR-Amyloidose hingegen galt bisher als seltene Erkrankung, die häufig im Zusammenhang mit neurologischen Symptomen auftritt. Studien haben gezeigt, dass bei ca. 10% der Patienten mit einer hochgradigen Aortenklappenstenosen zusätzlich eine Amyloidose vorliegt, was einen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen vermuten lässt. Trotz der neuen Therapiemöglichkeiten im Falle der kardialen Amyloidose fehlt es derzeit an einem effektiven Screening-Verfahren, was zu einer späten oder nie gestellten Diagnose führt. Bisherige Studien haben zur Findung klinischer und paraklinischer Parameter Patienten mit hochgradiger Aortenstenose (AS) mittels Knochenszintigraphie untersucht, dabei zeigten sich verschiedene Symptome als relevant in der Amyloidose-Diagnostik. Das Ziel dieser Studie ist es, ein einfach durchzuführendes Screening für die ATTR zu entwickeln, welches der Detektion einer kardialen Amyloidose dient. 

Methoden
Seit Februar 2021 werden alle Patienten mit geplantem Aortenklappenersatz bei degenerativer AS an den beiden TAVI Zentren in Berlin (Charité Universitätsmedizin Berlin und Deutsches Herzzentrum Berlin) hinsichtlich 27 typischer Charakteristiken einer Amyloidose gescreent. Dazu haben wir einen Fragebogen mit zehn ja/nein-Fragen entwickelt, der insbesondere neurologische Diagnosen und typische Symptome abfragt. Ergänzend erheben wir Parameter aus der Echokardiographie (TTE - z.B. Dicke des intraventrikulären Septums, mittlerer AK-Gradient) und dem Elektrokardiogramm (EKG - Sokolow-Index, periphere Niedervoltage), sowie Laborwerte (Troponin, NT-Pro-BNP) die nachweislich häufiger bei Amyloidose-Patienten auftreten als bei AS-Patienten ohne Amyloidose. Eine neurologische Testung (Physical Assessment/Neurographie) für Patienten mit Verdacht ist zusätzlich geplant. Ausschlaggebend für einen Verdacht auf Amyloidose sind Hinweise sowohl aus den klinischen als auch den paraklinischen Parametern, wobei wir den Cut-off bei 4/27 Parametern angesetzt haben. 
 
Ergebnisse
Bislang wurde 668 Patienten eine Studienteilnahme angeboten. Unter den 308 Patienten, die einer Teilnahme zustimmten, wiesen mit dem gewählten Vorgehen 110 Patienten (36 %) einen Verdacht auf eine kardiale Amyloidose auf, sodass eine Empfehlung zur weiteren klinischen Abklärung mittels Knochen-Szintigraphie (DPD-Scan) zum Nachweis oder Ausschluss einer ATTR-Amyloidose ausgesprochen wurde. Bisher haben sich 49 Patienten einem DPD-Scan unterzogen (3 Patienten bekamen ein MRT), 4 Patienten wiesen einen Perugini-Grad 1/2 auf. 3 der 4 Patienten hatten ein diagnostiziertes Karpaltunnelsyndrom (KTS), 2/4 eine Polyneuropathie (PNP), 2/4 eine Spinalkanalstenose und einer wies lediglich Symptome eines KTS und einer PNP auf. Eine Anbindung an das ACCB (Amyloidosis Center Charité Berlin) und ggf. eine medikamentöse Einstellung sind bei diesen Patienten unabhängig von der Studie geplant. Eine Nachverfolgung über die nächsten 5 Jahre aller Patienten ist ebenfalls angedacht. 
Erwartet wird der Einschluss von ca. 1000 Patienten in insgesamt 18 Monaten Rekrutierungszeit. 
 
Diskussion
Die bisherigen Ergebnisse lassen noch keine Sensitivitätsanalyse zu, unterstützen jedoch die Hypothese, dass ein kurzer Fragebogen zu neurologisch-klinischen Symptomen im Bereich der Kardiologie bei Patienten mit einer degenerativen Aortenstenose zum Screening auf kardiale Amyloidose effektiv und sinnvoll sein könnte. 

https://dgk.org/kongress_programme/jt2022/aV898.html