Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5

Eine TAVI führt bei hochgradiger Aortenklappenstenose zu einer signifikanten Verbesserung der kognitiven Funktion – Bedeutung des langsamen Flusses im Vorhofohr im Vergleich zu Schlaganfallpatienten
L. Schettler1, G. Klinger1, M. Schnieder2, M. Weber-Krüger1, M. Bähr2, G. Hasenfuß1, J. Liman2, M. Schroeter1
1Herzzentrum, Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen; 2Neurologie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen;
Hintergrund: In unserer derzeit laufenden prospektiven Schlaganfallstudie zum langsamen Fluss im linken Vorhofohr (LAA-LF), konnten wir bereits zeigen, dass sich Patienten in der Subgruppe mit hochgradiger Aortenklappenstenose nach TAVI kognitiv verbessern können. Welche Faktoren dies beeinflussen und ob der LAA-LF hier auch einen unabhängigen Einflussfaktor darstellt, ist bisher nicht abschließend geklärt.

Methoden und Ziele: Unsere Studie versucht prospektiv zu ermitteln, inwiefern ein LAA-LF als unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten von kardioembolischen Schlaganfällen infrage kommt und welche kognitiven Veränderungen damit einhergehen können. Sie schließt Patienten ab 60 Jahren ein, die aufgrund einer TAVI oder eines Schlaganfalls eine transösophageale Echokardiographie mit Messung des LAA-Flusses (LAA-FV) erhalten haben und bei denen kein Vorhofflimmern bekannt ist. Zudem werden transthorakale Echokardiographie, Langzeit-EKG, Gerinnungsdiagnostik und eine kognitive Einschätzung mittels Montreal Cognitive Assessment (MoCA) durchgeführt. Die Studiengruppe weist einen LAA-FV von <60 cm/s auf, die Kontrollgruppe einen LAA-FV von >60 cm/s. In den Follow-ups werden stattgehabte Schlaganfälle, Thromboembolien, Hospitalisierungen, neu aufgetretenes Vorhofflimmern oder eine begonnene Antikoagulationstherapie festgestellt und ein MoCA durchgeführt.

Ergebnisse: Die Gesamtzahl der Studienpatienten beträgt aktuell n=130, wobei hiervon 58 Patienten mit erfolgter TAVI bei hochgradiger Aortenstenose eingeschlossen wurden und bis zu 36 Monate nachverfolgt werden. Es handelt sich um 45% weibliche Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 74±9 Jahren. Die LV-EF betrug durchschnittlich 53±8,5 % und der LAVI 41±14 ml/m2. Bei der Mehrzahl der Patienten bestand eine High-Flow-High-Gradient-Aortenstenose (n=44); ansonsten eine (paradoxe) Low-Flow-Low-Gradient-Aortenstenose (n=14). Die in die Studie rekrutierten TAVI-Patienten zeigten nach 6 Monaten eine mittlere kognitive Verbesserung von 73,7±13,1 % auf 82,7±12,9; p=0,008. Bei den Schlaganfallpatienten hingegen kam es nach 6 Monaten zu einer signifikanten, jedoch nur geringen Verbesserung von 79,3±15,0 % auf 85,3±14,7 %; p=0,002. Ein relevanter Einfluss durch die Art der Aortenklappenstenose zusammen mit dem LAA-Fluss zeigte sich in den Analysen interessanterweise bislang nicht. Von den 59 Patienten mit LAA-LF erhielten n=13 (22 %) im Verlauf von 6 Monaten die Diagnose Vorhofflimmern, während von den 55 Patienten der Kontrollgruppe lediglich n=7 (12,7 %) nach 6 Monaten ein Vorhofflimmern aufwiesen, was innerhalb des relativ kurzen Beobachtungszeitraumes noch nicht signifikant ist. Insgesamt zeigten sich im Follow-up bei 8 Patienten ein Schlaganfall, wobei nur ein einziger dieser Patienten aus der TAVI-Subgruppe stammt.

Schlussfolgerungen: Wir konnten zeigen, dass eine TAVI bei hochgradiger Aortenstenose mit einer kognitiven Funktionsverbesserung verbunden ist. Im Follow-up war dies deutlicher als bei den bezüglich des LAA-Flusses entsprechend untersuchten Schlaganfallpatienten. Die Art der Aortenklappenstenose stellt bisher keinen relevanten Risikofaktor dar. Ob ein LAA-LF als Surrogatparameter für Vorhofflimmern verwendet werden kann, soll im Verlauf weiter geklärt werden. Auch scheint es Hinweise zu geben, dass eine TAVI das Schlaganfallrisiko senken könnte. Die Studie wird aktuell fortgeführt, um durch eine höhere Patientenzahl und längeres Follow-up die Aussagekraft noch zu erhöhen.

https://dgk.org/kongress_programme/jt2022/aV1373.html