Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5

Radialer oder femoraler Zugang? Verschlusssystem oder nicht? Daten eines „real-world“ Registers zu Patienten mit ST-Hebungs-Myokardinfarkten
I. Schmidt1, A. Fach1, S. Rühle1, T. Retzlaff1, J. Schmucker1, L. A. Mata Marín1, D. Garstka1, R. Osteresch1, R. Hambrecht1, H. Wienbergen1
1Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF), Bremen;

Einleitung: In den letzten Jahren etabliert sich immer mehr der radiale Zugang als Zugangsweg bei der PCI im Rahmen von ST-Hebungs-Myokardinfarkten (STEMIs). Bei femoralen Zugängen kommen zunehmend Verschlusssysteme zum Einsatz. Ziel dieser Studie war die Untersuchung der verschiedenen Möglichkeiten bei den Zugangswegen bezüglich Komplikationsraten und Outcome in einem großen „real-world“ Kollektiv von Patienten mit STEMI.

Methoden: Für diese Analyse wurden alle Patienten, die an einem großen überregionalen Herzzentrum mit STEMI von 2013-2020 behandelt wurden, eingeschlossen und in 3 Gruppen eingeteilt. G1, Zugang über die A. femoralis ohne Einsatz eines Verschlusssystems, G2, Zugang über die A. femoralis mit Einsatz eines Verschlusssystems (Angioseal® oder MynxGrip®) und G3, Zugang über die A. radialis. Der Vergleich zwischen den Gruppen erfolgte in univariaten Analysen sowie multivariaten adjustierten Regressionsmodellen.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 5925 Patienten eingeschlossen und den Gruppen zugeteilt: 4387 Patienten in der G1, in G2 393 Patienten und 1145 Patienten in G3.

Während die Patienten der G2 signifikant älter waren als die Patienten der G1 (67,6±13,3 vs. 64,5±13,4, p<0,05), waren die Patienten der G3 jünger (63,2±12,5, p<0,05). In G2 und G3 fanden sich häufiger BMI-Werte >40 kg/m² (4,2% bzw. 3,6% vs. 2,1%, p<0,05) sowie Patienten mit Diabetes mellitus (21,3% bzw. 22,9% vs. 19,8%, p<0,05) als in G1. Befanden sich die Patienten bei Aufnahme im kardiogenen Schock, wurden sie zumeist über die A. femoralis punktiert. Patienten, die über die A. femoralis punktiert wurden, erhielten im Anschluss häufiger ein Verschlusssystem, wenn sie in der Dauermedikation eine orale Antikoagulation aufwiesen. 

Nach Adjustierung nach Alter, Geschlecht, Diabetes, Adipositas und Killip-Klasse fanden sich beim Zugang über die A. radialis seltener eine nicht erfolgreiche PCI (OR 0,55, CI 0,38-0,81, p=0,003), Blutungen an der Punktionsstelle (OR 0,62, CI 0,46-0,84, p=0,003) sowie intrahospitale Mortalität (OR 0,78, CI 0,60-1, p=0,05). In der Gruppe, die über die A. femoralis mit Verschlusssystem behandelt wurde, zeigte sich nach Adjustierung kein signifikanter Unterschied zu den Patienten der G1 bezüglich Blutungen an der Punktionsstelle (OR 1,31, CI 0,93-1,86, p=0,13) oder intrahospitaler Mortalität (OR 1,08, CI 0,76-1,53, p=0,64).

 

Tabelle: Outcome bei unterschiedlichen Zugangswegen

 

A. femoralis mit Verschlusssystem (G2)

A. radialis (G3)

Blutungen an der Punktionsstelle 

(OR, 95% CI, p-Wert) *

1,31 (0,93-1,86) 

p=0,13

0,62 (0,46-0,84) 

p=0,003

Intrahospitale Mortalität (OR, 95% CI, p-Wert) *

1,08 (0,76-1,53) 

p=0,64

0,78 (0,60-1) 

p=0,05

*OR und 95% CI, multivariates Modell, adjustiert nach Alter, Geschlecht, Adipositas, Diabetes mellitus und Killip-Klasse

Zusammenfassung: In diesen Registerdaten zu konsekutiven Patienten mit STEMIs hatten Patienten, die eine PCI mit radialem Zugangsweg erhielten, in adjustierten Analysen ein besseres Outcome bzgl. Blutungen an der Punktionsstelle sowie intrahospitaler Mortalität.

Patienten, die nach der Punktion über die A. femoralis ein Verschlusssystem erhielten, waren überwiegend Risikopatienten mit erhöhtem Alter oder Multimorbidität. Nach multivariater Adjustierung zeigte sich bei diesen Patienten im Vergleich zu Patienten ohne Verschlusssystem kein signifikanter Unterschied bezüglich Blutungen an der Punktionsstelle und intrahospitaler Mortalität.


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