Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5 |
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Tachykardiomyopathie umfasst ein spezifisches Muster mitochondrialer Dysfunktion | ||
M. Paulus1, K. Renner2, C. Brochhausen3, K. Limm4, E. Zügner5, S. Pabel1, C. Birner6, A. Luchner7, C. Magnes5, A. Nickel8, P. Oefner4, K. Stark9, S. Wagner1, C. Maack8, L. S. Maier1, K. Streckfuß-Bömeke10, S. T. Sossalla1, A. Dietl1 | ||
1Klinik und Poliklinik für Innere Med. II, Kardiologie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg; 2Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg; 3Institut für Pathologie, Universität Regensburg, Regensburg; 4Institut für funktionelle Genomik, Universität Regensburg, Regensburg; 5Joanneum Research Health, Graz, AT; 6Klinik für Innere Medizin I, Klinikum St. Marien, Amberg; 7Klinik für Kardiologie, Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, Regensburg; 8Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg; 9Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg, Regensburg; 10Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg; | ||
Hintergrund
Die Tachykardiomyopathie ist charakterisiert durch eine reversible, durch hohe Herzfrequenzen verursachte systolische Dysfunktion. Klinische Studien zeigten jüngst die unterschätzte Prävalenz der Erkrankung. Obwohl in humanen Tachykardiomyopathie-Biopsien die intrazelluläre Verteilung der Mitochondrien ein pathognomonisches Muster zeigt, ist wenig über mitochondriale Funktionen in der Tachykardiomyopathie bekannt.
Methoden
Schrittmacher wurden in 30 Kaninchen implantiert. 14 wurden mit 380/min über 30 Tage stimuliert (TCM), in 16 verblieb der Schrittmacher inaktiv (Sham). Linksventrikuläres Gewebe wurde durch Histologie, Transmissionselektronenmikroskopie, hochauflösende Respirometrie und Massenspektrometrie-basiertem „metabolic profiling“ untersucht. Durch Massenspektrometrie-basierte Proteomik (SWATH) wurden mitochondriale Proteinexpression und Proteinacetylierung evaluiert. Zusätzlich wurde die translationale Relevanz der Ergebnisse aus dem Tiermodell anhand eines humanbasierten Modells untersucht: induzierte pluripotente Stammzell-abgeleitete Kardiomyozyten (iPSC-CM) gesunder Spender wurden 7 Tage mit 120/min (TACH-iPSC-CM) oder 60/min feldstimuliert.
Ergebnisse
TCM-Tiere entwickelten eine systolische Dysfunktion mit klinischen Zeichen der Herzinsuffizienz (Verkürzungsfraktion 23±2 vs. 40±1%, p<0,001). Histologisch imponierte eine Hypertrophie der Kardiomyozyten (Zellquerschnittsfläche 539±24 vs. 393±15μm2, p<0.001) mit vermehrter Apoptose (apoptotische Zellen/Gesichtsfeld 4,7±0,5 vs. 2,0±0,3, p<0,001), jedoch ohne Fibrose (Hydroxyprolinkonzentration, p=0.52). Elektronenmikroskopisch zeigten sich eine Agglomeration der Mitochondrien entlang der Glanzstreifen sowie Riesenmitochondrien. Die Störung der mitochondrialen Architektur manifestierte sich auf funktioneller Ebene: Das Metabolitenprofil der TCM-Tiere war durch einen aufgebrauchten Pool energiereicher Substrate des Citratzyklus und der oxidativen Phosphorylierung gekennzeichnet, was zu einer dauerhaften Verschiebung der NADH/NAD+-Ratio hin zu einem oxidierten Niveau führte (NADH/NAD+ 4,6±0,8 vs. 8,9±2,1, p=0,046). Dies hatte drei Konsequenzen: (I.) Im Gegensatz zur dilatativen wie ischämischen Kardiomyopathie verblieb die Acetylierung mitochondrialer Proteine in TCM-Tieren stabil. (II.) Die oxidative Phosphorylierungskapazität war sowohl in TCM-Tieren (117±17 vs. 178±18pmol·O2·s-1·mg-1 Gewebe, p=0,044) als auch in TACH-iPSC-CM (995±301 vs. 1838±368pmolO2·s-1·IU-1 Citratsynthaseaktivität, p=0,004) reduziert. Die Expression (Western Blot) wie die respirometrische Funktion der einzelnen Atmungskettenkomplexe in TCM blieb ebenso wie der Mitochondriengehalt in TACH-iPSC-CM unverändert (MitoTracker Green, p=0,57), was den aufgebrauchten NADH-Pool als Ursache der beeinträchtigten mitochondrialen Atmung wahrscheinlich macht. (III.) Es kommt in moderatem Maß zu gesteigertem oxidativen Stress (GSH/GSSG 32±5 vs. 58±6, p=0,016) in TCM wie korrespondierend in TACH-iPS-CM (Amplex Red H2O2 1,65±0,20 vs. 1,03±0,11 µM/106 Zellen; MitoSOX-FACS MFU 439±166 vs. 279±99, p<0,05).
Schlussfolgerung
Die Tachykardiomyopathie zeigt ein spezifisches Muster mitochondrialer Dysfunktionen, welches durch Depletion energiereicher Substrate, einen oxidierten NADH-Pool und eine stabile Proteinacetylierung gekennzeichnet ist und sich so von Schlüsselmerkmalen der dilatativen wie der ischämischen Kardiomyopathie unterscheidet.
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