Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5

Ein deckengeführtes Strahlenschutz-System ermöglicht eine signifikante Reduktion der Strahlenexposition im Herzkatheterlabor - Daten aus dem OSCAR-Register.
L. J. Motloch1, M.-C. Brandt1, E. Prinz1, C. Schernthaner1, W. Wintersteller1, J. Kraus1, M. Hammerer1, B. Strohmer1, M. Lichtenauer1, O. Nairz2, U. C. Hoppe1
1Klinik II für Innere Medizin, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg, Salzburg, AT; 2Strahlenschutzdienst, Universitätsklinikum Salzburg, Salzburg, AT;

Hintergrund

Obwohl Kopf und Augen bei interventionellen KardiologInnen (IC) einer erheblichen Dosis Streustrahlung (SCR) ausgesetzt sind, gibt es für diese Regionen nur spärliche im klinischen Alltag intraprozedural gemessene Daten. Die gesetzliche Maximaldosis für die Augenlinse wurde zuletzt EU-weit drastisch von 150 mSv auf 20 mSv herabgesetzt. Ein deckengeführtes Bleischürzen-System (Zero Gravity, TIDI Medical Products, WI, USA), welches ursprünglich zur Entlastung der Wirbelsäule entwickelt worden war, konnte in einigen radiologischen Studien eine hohe Effizienz in der Reduktion von SCR zeigen.

 

Ziel

Untersuchung der bei IC und steriler Assistenz (SA) intra-prozedural gemessenen SCR Dosis bei Verwendung von konventioneller Bleischürze mit Schilddrüsenschutz (KBS) versus Zero-Gravity System (ZG).

 

Methoden

Im Rahmen des OSCAR Registers (ClinicalTrials.gov NCR04945538) wurden intra-prozedurale SCR Dosiswerte während 722 diagnostischer und interventioneller Prozeduren aufgezeichnet, wobei die IC entweder KBS oder ZG verwendeten, die SA in allen Fällen KBS. IC wurden mit 3, SA mit 2 Unfors i3 live-Dosimetern in prädefinierten Lokalisationen ausgestattet. In allen Prozeduren wurde ein deckengeführtes Bleischild, ein einstellbares Blei Seitenschild am Kathetertisch und eine Patienten-Bleiauflage verwendet. Die Dosiswerte von IC und SA wurden innerhalb der Gruppen diagnostische Angiographie (DA) und Intervention (PCI) separat verglichen.

 

Resultate

SCR Dosiswerte wurden in 445 DA und 277 PCIs aufgezeichnet. Im Vergleich zu KBS reduzierte sich bei ZG die durchschnittliche SCR Dosis pro Prozedur gemessen links temporal beim IC von 8.61±0.68 µSv auf 0.60±0.08 µSv bei DA (-93%; n=274/171, p<0.0001) und von 20.94±1.92 µSv auf 1.18±0.13 µSv bei PCI (-94%; n=177/100, p<0.0001). Die frontale Dosis auf Augenhöhe beim IC reduzierte sich in DA von 2.62±0.20 µSv auf 0.32±0.04 µSv (-88%; n=274/171, p<0.0001) und in PCI von 6.32±0.53 µSv auf 0.58±0.08 µSv (-91%; n=177/100, p<0.0001). Die unter der linken Schulter des IC gemessene Dosis reduzierte sich entsprechend von 23.58±1.66 µSv auf 1.03±0.20 µSv in DA (-96%; n=274/171, p<0.0001) und von 63.92±6.07 µSv auf 1.87±0.30 µSv in PCI (-97%; n=177/100, p<0.0001).

Wenn der IC das ZG verwendete, reduzierte sich zudem die beim SA am linken Hals auf Schilddrüsen-Niveau gemessene SCR-Dosis von 2.36±0.18 µSv auf 1.38±0.13 µSv bei DA (-42%, n=271/171, p=0.0011) und von 10.61±0.98 µSv auf 4.65±0.66 µSv bei PCI (-56%, n=177/100, p=0<0.0001). Ebenso reduzierte sich bei Verwendung von ZG durch den IC signifikant die zeitgleich beim SA unter der linken Schulter gemessene SCR-Dosis. Alle gemessenen intraprozeduralen SCR-Dosiswerte blieben nach Korrektur durch Teilung durch das intraprozedurale Dosis-Flächenprodukt (mSv/Gy*cm2) statistisch signifikant. Die Prozedur-Dauer, Kontrastmittel-Verbrauch und Patientendosis waren durch die Verwendung von ZG unbeeinflusst.

 

Schlussfolgerung

In einer repräsentativen Kohorte von diagnostischen und interventionellen kardiologischen Prozeduren zeigte das ZG System ein beachtliches Potential zur SCR-Reduktion in kritischen anatomischen Regionen von IC und SA. Im Kontext der bei langjährig tätigen IC gut belegten, durch berufliche Exposition gegenüber SCR hervorgerufenen Gesundheitsschäden an ZNS und Augenlinsen sollte die Verwendung von effektiveren Röntgen-Schutz Systemen wie dem ZG System Eingang in allgemeine Empfehlungen finden.


https://dgk.org/kongress_programme/jt2022/aP543.html