Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5

Einfluss einer AT1-Blockade auf die gastrointestinale Barrierefunktion
L. Nickel1, E. Rawish2, A. Sünderhauf2, W. Raasch2
1Kardiologie, Sana-Kliniken Lübeck GmbH, Lübeck; 2Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Lübeck;

Hintergrund: Der AT1-Rezeptorblocker Telmisartan (TEL) ist vorteilhaft für die Behandlung von Personen, die am metabolischen Syndrom leiden, da er nicht nur blutdrucksenkende Wirkungen zeigt, sondern auch die Glukose- und Lipidkontrolle verbessert und das Körpergewicht senkt. Da wir kürzlich in tierexperimentellen Studien gezeigt haben, dass TEL einen Einfluss auf das Darmmikrobiom und die Gehirnbarrierefunktion hat, haben wir hier versucht herauszufinden, welchen Einfluss TEL auf die gastrointestinale Barrierefunktion ausübt und ob diese Veränderungen Teil des anti-adipösen Effekt von TEL sind.

 

Methoden: BL6-Mäuse wurden mit chow- oder High-Fat-Diät (HFD, 45% Fett) gefüttert und zusätzlich mit Vehikel als Kontrolle (CON) (CONchow oder CONHFD) oder TEL (8 mg/kg/d, 12 W, TELchow oder TELHDF) behandelt. Die viszerale und subkutane Fettmasse wurde durch MRT quantifiziert. Segmente des Dickdarms wurden „Canoy“-fixiert, um die Mukusdicke durch Immunhistochemie zu bestimmen. Ferner erfolgte eine Analyse der Mukus-Glykosylierung. Zur Darstellung von Becherzellen wurden PAS-Färbung durchgeführt. Zur Evaluation der Proliferation erfolgte Quantifizierung von KI67-positiven Zellen. Der an der Nekroptose beteiligte Signalweg sowie die Becherzelldifferenzierung wurde durch Western Blots und qPCR untersucht. 

 

Ergebnisse: Im Vergleich zur chow-Fütterung erhöhte sich die Gewichtszunahme durch HFD (3,4 ± 0,5 vs. 14,4 g ± 1,2 g) und wurde durch TEL reduziert (1,7 ± 0,5 vs. 2,8 ± 0,5 g). Viszerales Fett und Organgewichte waren bei CONHFD höher als bei CONchow, blieben jedoch bei TEL-Behandlung normal. Die Mukusdicke war bei CONHFD geringer als bei CONchow. Unabhängig von der Fütterung reduzierte TEL zusätzlich die Mukusdicke. Die Anzahl der Becherzellen wurde durch die HFD-Fütterung und die TEL-Behandlung nicht beeinflusst. RIP3 war besonders bei TELHDF -Mäusen erhöht, während MUC2 von TEL fast unbeeinflusst blieb. TEL zeigte ferner einen signifikanten Einfluss auf die Glykolysierungsmuster von MUC2.

 

Schlussfolgerung: Im Gegensatz zu unseren Erwartungen war die anti-adipöse Wirkung von TEL mit einer Abnahme der Mukusdicke verbunden. Diesbezüglich induziert TEL die Transferase St6galnac, weswegen weniger Substrat zur Bildung von MUC2 zur Verfügung stehen kann. Ein Anstieg von RIP3 weist darauf hin, dass die Nekroptose durch TEL verstärkt werden kann. Weitere Studien müssen durchgeführt werden, um zu klären, ob dieser schädliche TEL-Effekt zutrifft und für die gastrointestinale Barrierefunktion relevant ist.


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