Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5

Analyse der myokardialen Mikrostruktur in einem experimentellen Modell der Adipositas-Kardiomyopathie
N. Beyhoff1, D. Lohr2, A. Thiele1, E. Smeir1, V. Braun1, M. Stahnke1, R. Klopfleisch3, A. Foryst-Ludwig1, L. M. Schreiber2, U. Kintscher1
1Institut für Pharmakologie / Center for Cardiovascular Research, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin; 2Lehrstuhl für Molekulare und Zelluläre Bildgebung, Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI), Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg; 3Institut für Tierpathologie, Freie Universität Berlin, Berlin;

Hintergrund: Adipositas ist einer der weltweit häufigsten Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen. Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass Fettleibigkeit mit einer Funktionseinschränkung des Herzens einhergeht, die unabhängig von Komorbiditäten wie arterieller Hypertonie oder Diabetes mellitus auftritt („Adipositas-Kardiomyopathie“). Das Ziel der vorliegenden Studie war die kardiale Phänotypisierung eines experimentellen Modells der Adipositas-Kardiomyopathie hinsichtlich der ihr zugrundeliegenden funktionellen und mikrostrukturellen Veränderungen.

 

Methoden: Männliche C57BL/6 Mäuse (6-9 Wochen alt) erhielten über 15 Wochen lang eine Hochfettdiät (HFD; 60 kcal% Fett; n=10) bzw. Standardfutter als entsprechende Kontrolle (10 kcal% Fett, n=10). Nach 14 Wochen erfolgten eine nicht-invasive Blutdruckmessung sowie die funktionelle Phänotypisierung mittels ultra-hochauflösender Echokardiographie (30 MHz). Die dreidimensionale Mikrostruktur des linken Ventrikels wurde ex vivo mit einer Auflösung von 100×100×100 µm mittels 7T Diffusions-Tensor-Magnetresonanztomographie am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz/Universitätsklinikum Würzburg untersucht (n=5/Gruppe). Hierbei wurden die Diffusionseigenschaften sowohl global als auch separat in den verschiedenen myokardialen Schichten (Subepikard/Subendokard) und Segmenten (basal/mittventrikulär/apikal) analysiert. Mittels Traktographie wurden die rekonstruierten Muskelfasertrakte hinsichtlich ihrer dreidimensionalen Anordnung untersucht. Es erfolgte die Korrelation mit histopathologischen Standardfärbungen.

 

Ergebnisse: Die HFD über 15 Wochen führte zu einem deutlichen Anstieg des Körpergewichts mit ausgeprägter Akkumulation von viszeralem Fettgewebe (Körpergewicht 42,3±5,7 vs. 31,5±2,2 g, relative Gewichtszunahme 73,7±14,8 vs. 31,1±6,6 %, jeweils p<0,001). Die systolischen Blutdruckwerte waren in beiden Gruppen vergleichbar (100±5 vs. 102±8 mmHg, p=0,49). Die adipösen Tiere wiesen eine diastolische Dysfunktion bei erhaltener linksventrikulärer Ejektionsfraktion auf (E/e’ 41,6±16,6 vs. 24,8±6,0, p<0,01; isovolumetrische Relaxationszeit 19±4 vs. 14±4 ms, p<0,05). In der Speckle-tracking Echokardiographie zeigte sich ein reduzierter globaler longitudinaler Strain (-15,1±3,0 vs. -20,0±4,6 %, p=0,01), radiale und zirkumferenzielle Strain-Parameter waren unverändert. Histopathologisch fand sich kein Hinweis für eine Zellschädigung oder myokardiale Fibrosierung. Adipöse Tiere wiesen eine reduzierte mittlere Diffusivität subepikardial basal und apikal auf (Abbildung). Die fraktionelle Anisotropie war nicht verändert. Die Traktographie ergab keine Beeinträchtigung der dreidimensionalen Muskelfaseranordnung, Helix- und Sheetlet-Winkel unterschieden sich nicht zwischen den beiden Gruppen.

 

Schlussfolgerungen: Das Modell der HFD-induzierten Adipositas-Kardiomyopathie rekapituliert zahlreiche Charakteristika von fettleibigen Patient:innen. Das Modell weist Veränderungen der myokardialen Diffusionseigenschaften auf, die als potenzielle diagnostische Marker dienen könnten. Die dreidimensionale Muskelfaserarchitektur des linken Ventrikels bleibt unter diesen Bedingungen unbeeinträchtigt.



Abbildung: Analyse der myokardialen Diffusionseigenschaften. (A) Traktographie eines Herzens der Kontroll- (oberes Panel) und HFD-Gruppe (unteres Panel). 25.000 Fasertrakte wurden rekonstruiert und entsprechend der mittleren Diffusivität (MD) farbkodiert. (B) Statistische Analyse der subepikardialen MD.


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