Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5

Einfluss von hohen und sehr hohen Kontrastmittelmengen auf die Rate von akutem Nierenversagen bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkt- Ergebnisse aus einem STEMI-Register
J. Schmucker1, H. Pohlabeln2, L. A. Mata Marín1, T. Retzlaff1, D. Garstka1, R. Osteresch1, R. Hambrecht1, H. Wienbergen1, für die Studiengruppe: BSR
1Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF), Bremen; 2Präventionsforschung, Leibniz Institut für Präventionsforschung, Bremen;

Einleitung:  Das Auftreten von akutem Nierenversagen (acute kidney injury: AKI) ist eine bekannte Komplikation bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkten, die mit einer primären perkutanen Koronarintervention (PCI) behandelt wurden. Dabei ist unklar, ob dies primär durch eine kontrastmittelbedingte (KM) Schädigung des Nierenparenchyms zu erklären ist oder durch das Infarktereignis und der häufig damit einhergehenden Kreislaufdysregulation. Ziel der folgenden Untersuchung war deshalb, die Prävalenz von akutem Nierenversagen bei Patienten zu untersuchen, die hohe bzw. sehr hohe KM-Dosen im Rahmen der PCI erhielten.

Methoden: Patienten mit ST-Hebungsinfarkten (STEMI) aus einem überregionalen PCI-Zentrum zwischen 2006 und 2020 wurden in diese Analyse eingeschlossen, wobei nur Patienten mit einer Aufenthaltsdauer ≥48 h analysiert wurden , um eine valide Beurteilung des Verlaufs der Nierenfunktion zu ermöglichen. AKI wurde definiert nach den KDIGO-AKI-Kriterien (AKI Stadium ≥1). Hohe KM-Menge (H) wurde definiert als 150-249 ml, sehr hohe (SH) als ≥250 ml. Der Vergleich erfolgte adjustiert in einer Propensity Score Matched Analyse (PPS) mit <100 ml als Vergleichsgruppe (Baseline: BL).

Ergebnisse: Insgesamt wurden die Daten von 7062 Patienten mit STEMI ausgewertet. Dabei erhielten 1005 (14%) <100 ml, 2720 (39%) 100-149 ml, 2754 (39%) 150-249 ml (H) und 583 Patienten (8%) ≥250 ml (SH). Patienten mit hohem KM-Einsatz erhielten im Mittel 180±26 ml (H), bei sehr hohem KM-Einsatz (SH) 302±60 ml. Der Anteil der Patienten mit 3-Gefäß-KHK (BL: 22%, H: 32.5%, SH: 38.3%, p<0.01) und  kardiogenem Schock (BL: 11%, H: 12%, SH: 18%, p<0.01)  war bei Patienten mit größeren Kontrastmittelmengen höher. In einer unadjustierten Analyse waren höhere KM-Mengen mit höheren Raten von AKI assoziiert (BL: 10.3%, H: 15.1%, SH: 22.1, p<0.01), zudem zeigten sich erhöhte Raten einer zumindest temporär notwendigen Nierenersatztherapie (BL: 1.3%, H: 1.8%, SH: 3.8%, p<0.01). In der nach dem PPS adjustierten Analyse zeigte sich, dass nur ein sehr hoher KM-Einsatz mit erhöhten AKI-Raten assoziiert war, wobei eine Stratifizierung nach GFR zeigte, dass dies nur bei Patienten mit einer GFR≥60 ml/min nachweisbar war. Ein Kontrastmitteleinsatz bis 250 ml war dagegen in keiner Gruppe mit einer signifikant erhöhten Rate von AKI assoziiert (Tabelle).

 b


Tabelle: PPS-adjustierte Analyse der Assoziation von eingesetzter KM-Menge und AKI-Raten
   Gesamtkohorte  GFR≥60 ml/min (CKD-Stadium 1 bis 2)  GFR<60 ml/min (CKD-Stadium 3a-5)

 OR 95% CI p OR 95% CI p OR 95% CI p
 "Baseline"
(<100 ml)
 1 - - 1 - - 1 - -
 Intermediär
(100-149 ml)
 1,06  0,8-1,5  0,71  1,38 0,9-2,2 0,33  1,13 0,7-1,8 0,46
 Hoch 
(150-249 ml)
 1,27  0,9-1,7  0,14  1,44 0,9-2,2 0,23  1,22 0,8-1,9 0,38
 Sehr hoch
(≥250  ml) 
 1,66  1,1-2,5  0,016  2,2 1,3-3,8 <0,01  1,6 0,8-2,9 0,16


Zusammenfassung: In dieser nach dem Propensity Score adjustierten Analyse zeigt sich, dass bei Patienten mit STEMI nur sehr hohe Dosen von Kontrastmittel mit höheren Raten von akutem Nierenversagen assoziiert waren. Bis zu einer Menge von 250 ml erscheint der Einsatz dagegen sicher, ohne dass erhöhte Raten von Nierenversagen befürchtet werden müssen. Dies galt auch für Patienten mit einer zuvor schon eingeschränkten Nierenfunktion.



https://dgk.org/kongress_programme/jt2022/aP2019.html