Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5

Bilaterales Karpaltunnelsyndrom und kardiale Transthyretin-Amyloidose: real world Daten aus einer Kooperation zwischen Handchirurgie und Kardiologie
T. Retzlaff1, K. Diehl1, A. Fach1, R. Osteresch1, S. Rühle1, G. Broccoli2, H. Wienbergen3, R. Hambrecht1
1Klinik für Kardiologie und Angiologie, Klinikum Links der Weser, Bremen; 2Handchirurgie, Roland Klinik, Bremen; 3Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF), Bremen;

Einleitung: Die kardiale Transthyretin-Amyloidose ist eine seltene Ursache der Herzinsuffizienz und wird oftmals erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Extrakardiale Manifestationen wie ein bilaterales Karpaltunnelsyndrom oder eine Tendovaginitis stenosans können als sogenannte ‚red flags‘ bereits bis zu 10 Jahren früher als manifeste kardiale Symptome auftreten.

Methodik: In einer Kooperation von Handchirurgie und Kardiologie wurden Patienten mit Zustand nach Karpaltunnel-Operation oder Ringbandspaltung, bei denen in der entnommen Gewebebiopsie und in der darauffolgenden Immunhistochemie eine ATTR-Amyloidose festgestellt wurde, bezüglich einer kardialen Beteiligung und der Indikation für eine spezifische Tetramer stabilisierende Therapie untersucht.

Ergebnisse: Im Zeitraum von Januar bis Oktober 2021 wurden insgesamt 24 konsekutive Patienten mit Nachweis von ATTR-Amyloid im Lig. carpi radiale (n=19) und im Ringband (n=5) kardiologisch weitergehend untersucht. Davon waren 17 Patienten männlichen Geschlechts (71%), das durchschnittliche Alter der Kohorte lag bei 74 ± 10 Jahren. Eine kardiale Symptomatik im Sinne einer Belastungsdyspnoe gaben davon 3 Patienten (13%) an. In der Echokardiographie konnte eine leichtgradige linkventrikuläre Hypertrophie bei 13 Patienten (54%) diagnostiziert werden. Eine mittelgradige linksventrikuläre Hypertrophie wurde in 2 Fällen (8%) ermittelt. Echokardiographisch zeigte sich bei einem Patienten eine auffällige Myokardtextur im Sinne eines apical sparings mit reduziertem globalem longitudinalen Strain. Insgesamt fand sich eine diastolische Funktionsstörung bei erhaltener systolischer Funktion bei 10 Patienten (42%). Die weiterführende Diagnostik mittels Skelettszintigraphie und kardialer Magnetresonanztomographie war bei insgesamt 2 Patienten (8%) positiv mit Nachweis einer kardialen Beteiligung der ATTR-Amyloidose. Bei zudem auffälligen kardialen Biomarkern (nt-pro-BNP und hs-Troponin T) und klinischer Symptomatik im Sinne eines NYHA Stadiums I wurde bei einem Patienten (4%) eine spezifische Tetramer stabilisierende Therapie eingeleitet.

Schlussfolgerung: Bei Nachweis einer ATTR-Amyloidose sollte eine enge Zusammenarbeit zwischen Handchirurgie und Kardiologie erfolgen, um frühzeitig eine kardiale Beteiligung und ggf. Behandlungsindikationen zu erkennen. Eine kardiale Amyloidose ist zum Zeitpunkt der Karpaltunnel-Operation selten, es sollte jedoch durch jährliche kardiologische Follow-up-Untersuchungen kontrolliert werden, ob sich diese im Verlauf entwickelt.


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