Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5

Klinischer Nutzen von unreifen Thrombozyten und Erythrozyten zur klinischen Risikostratifizierung bei Patienten mit Vorhofflimmern
A. Kille1, K. Franke1, N. Corpataux2, P. M. Dinse1, D. Quak1, C. M. Valina1, F.-J. Neumann1, T. Nührenberg1, W. Hochholzer3, für die Studiengruppe: PRISCA-AF
1Klinik für Kardiologie und Angiologie II, Universitäts-Herzzentrum Freiburg / Bad Krozingen, Bad Krozingen; 2Universitätsklinik für Kardiologie, Inselspital - Universitätsspital Bern, Bern, CH; 3Kardiologie & Internistische Intensivmedizin, Klinikum Würzburg Mitte gGmbH, Würzburg;
Hintergrund:
Unreife oder retikulierte Thrombozyten (IP), die einen Indikator für die Thrombopoese darstellen, sind auch mit dem Auftreten von ischämischen Ereignissen wie Schlaganfällen oder des kardiovaskulären Tods assoziiert. Der Hämoglobingehalt der Retikulozyten (RetHe) ist ein etablierter Marker für Eisenmangelanämien und könnte ein potentieller Frühmarker für latente Blutungen darstellen. Die prospektive PRISCA-AF Studie untersucht den Zusammenhang zwischen IP und RetHe mit der Inzidenz von Blutungen oder ischämischen Ereignissen bei Patienten mit Vorhofflimmern.

Methoden:
Diese prospektive Studie schließt aktuell Patienten ein, die wegen Vorhofflimmern stationär behandelt werden. Hierzu zählen sowohl Patienten mit akut symptomatischen Vorhofflimmern bis hin zu Patienten im Sinusrhythmus, die zur geplanten Pulmonalvenenisolation aufgenommen werden. IP und RetHe werden mit einem Zytometer (Sysmex XN100) vollautomatisiert und standardisiert bestimmt.

Ergebnisse:
Diese erste Analyse analysiert 447 Patienten, die von 09/2020 bis 02/2021 rekrutiert wurden. Diese waren zu 34,6% weiblich und im Median 68 Jahre alt. 410 (91,5%) der Patienten waren bei Aufnahme antikoaguliert wobei 249 (55,7%) bei Aufnahme Vorhofflimmern hatten. Die Immature Platelet fraction (IPF) korrelierte mit dem Schweregrad der Einschränkung der linksventrikulären Pumpfunktion (p = 0,02, r = 0,110) sowie mit der Anamnese einer Eisenmangelanämie (p = 0,004, r = 0,135). Ebenfalls korrelierte der RetHe mit der Anamnese einer Eisenmangelanämie (p = 0,001, r = -0,150) sowie mit dem CHA2DS2-VASc-Score (p < 0,001, r = -0,188), dem HAS-BLED-Score (p = 0,027, r = -0,104) sowie der Einnahme eines Protonenpumpeninhibitors (p = 0,028, r = -0,104). IPF und RetHe korrelierten nicht mit dem Vorliegen einer oralen Antikoagulation.

Zusammenfassung:
Diese ersten Ergebnisse zeigen, dass unreifen Thrombozyten und Erythrozyten mit bekannten Risikofaktoren für kardiovaskulären Tod wie auch Blutungsereignissen korrelieren. Die finalen Ergebnisse der PRISCA-AF Studie werden zeigen, ob IPF und RetHe unabhängige Prädiktoren für klinisch relevante Blutungen und kardiovaskuläre Ereignisse sind und damit das Potential haben, eine frühe Risikoprädikation bei Patienten mit Vorhofflimmern zu ermöglichen.

https://dgk.org/kongress_programme/jt2022/aP1184.html