Clin Res Cardiol (2021)
DOI DOI https://doi.org/10.1007/s00392-021-01843-w

Mitochondriale Dysfunktion in der Tachykardiomyopathie
M. Paulus1, K. Renner-Sattler2, S. Pabel1, E. Zügner3, C. Magnes3, G. Pietrzyk1, D. Riedl1, A. Luchner4, C. Birner5, S. Wagner1, L. S. Maier1, K. Streckfuß-Bömeke6, S. T. Sossalla1, A. Dietl1
1Klinik und Poliklinik für Innere Med. II, Kardiologie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg; 2Klinik und Poliklinik für Innere Med. III, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg; 3Joanneum Research Health, Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften, Graz, AT; 4Klinik für Kardiologie, Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, Regensburg; 5Klinik für Innere Medizin I, Klinikum St. Marien, Amberg; 6Herzzentrum, Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen;
Hintergrund: Die klinische Bedeutung der Tachykardiomyopathie wurde durch  Studien zur Vorhofflimmerablation unterstrichen.  Humane Endomyokardbiopsien zeigen eine veränderte Architektur des mitochondrialen Netzwerks.

Hypothese: Die Pathogenese der Tachykardiomyopathie beinhaltet Störungen der mitochondrialen Funktionen.

Methoden: Schrittmacher wurden in 14 Kaninchen implantiert. 7 wurden mit 380/min stimuliert (TCM), bei 7 verblieb der Schrittmacher inaktiv (SHAM). Linksventrikuläres Gewebe wurde durch Histologie, Transmissionselektronenmikroskopie, Massenspektrometrie-basiertem „Metabolomics Profiling“ (LC-HRMS) sowie durch „targeted Transcriptomics“ von 168 Genen des mitochondrialen Metabolismus untersucht. Dann wurden Ergebnisse des Tierversuchs bezüglich ihres translationalen Potentials anhand eines humanbasierten Modells evaluiert. Induzierte pluripotente Stammzellkardiomyozyten (iPS-CM) von 4 gesunden Probanden wurden einer elektrischen Feldstimulation (7 Tage, 120/min, TACH vs. 60/min, CTRL) in einem gepaarten Design unterzogen. Es erfolgten Fluorometrie (Amplex Red) und Durchflusszytometrie (MitoSOX Red, MitoTracker Green). Zur funktionellen Evaluation wurde eine hochauflösende Respirometrie etabliert, welche die oxidative Kapazität in intaktem Gewebe/intakten Zellen quantifizierte und so Artefakte durch Mitochondrienisolation vermied.

Ergebnisse: Die linken Ventrikel der TCM-Tiere zeigten sich dilatiert mit reduzierter systolischer Funktion (ΔLVEDD +5,3±0,2mm; ΔFS -19±8%; TCM-SHAM; p<0,001). Histologisch imponierte eine Hypertrophie der Kardiomyozyten (Zellquerschnittsfläche 519±32 vs. 413±21µm2, p<0,01) ohne begleitende Fibrose (Hydroxyprolinkonzentration, p=0.52). Elektronenmikroskopisch waren die TCM-Mitochondrien durch vermehrte Pleomorphie und erhöhte Cristaedichte im Sinne einer gestörten mitochondrialen Membranorganisation gekennzeichnet. Die oxidative Phosphorylierungskapazität der Atmungskette nahm ab (133±13 vs. 170±16 pmol·O2·s-1·mg-1Gewebe, p<0,05), was sich auch in schnell stimulierten iPS-CM manifestierte (995±738 vs. 1838±901 pmolO2·s-1·IU-1 Citratsynthaseaktivität, TACH vs. CTRL, p<0,01). LC-HRMS-basierte Metabolomics gruppierten in der Hauptkomponentenanalyse SHAM und TCM in deutlich differente Cluster, eine ausgeprägte Verschiebung des Metabolismus in der TCM-Gruppe unterstreichend. Da sich der Mitochondriengehalt nicht unterschied (MitoTracker Green-FACS, p=0,57), spiegelt die Beeinträchtigung am ehesten eine mitochondriale Dysfunktion wider. Das mitochondriale Transkriptom war durch eine veränderte Expression von Enzymen der ROS-Homöostase gekennzeichnet. Dies umfasste  eine reduzierte Expression von Komponenten des antioxidativen Systems (u.a. Glutathionperoxidase 3, fold change (FC) TCM/SHAM 0,5, p<0,05) sowie eine erhöhte Expression der ROS-produzierenden NADPH Oxidase 4 (NOX4, FC 2,1, p<0,05). Funktionell war das zelluläre H2O2-Level sowie die mitochondriale Emission von Superoxid in schnell stimulierten iPS-CM gesteigert (Amplex Red 1,65±0,20 vs. 1,03±0,11 µM/106 Zellen; MitoSOX-FACS MFU 439±166 vs. 279±99, TACH vs. CTRL, p<0,05).

Schlussfolgerung: Tachykardiomyopathie impliziert Beeinträchtigungen zweier wesentlicher mitochondrialer Funktionen in Kardiomyozyten des linken Ventrikels: die oxidative Kapazität ist reduziert, während die ROS-Emission zunimmt.


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