Clin Res Cardiol (2021)
DOI DOI https://doi.org/10.1007/s00392-021-01843-w

Patientencharakterisierung und Therapieansprechen anhand initialer hämodynamischer Parameter sowie therapeutische Konsequenzen einer positiven Vasoreaktivitätstestung bei PAH
F. Gerhardt1, E. Fiessler1, R. Ewert2, C. Pizarro3, D. Skowasch3, M. Halank4, H. Gall5, A. Ghofrani6, H. Klose7, H. Leuchte8, M. Hoeper9, M. Held10, T. Lange11, H. Wilkens12, S. Ulrich Somaini13, G. Kovacs14, H. Olschewski15, E. Grünig16, I. Lang17, S. Rosenkranz1
1Klinik III für Innere Medizin, Herzzentrum der Universität zu Köln, Köln; 2Abt. für Pneumologie und Infektologie, Klinik für Innere Medizin B, Greifswald; 3Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Bonn, Bonn; 4Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden; 5Medizinische Klinik II - Pneumologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Gießen; 6Allgemeine Pneumologie, Kerckhoff Klinik GmbH, Bad Nauheim; 7ll. Medizinische Klinik, Sektion Pneumologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg; 8II. Medizinische Abteilung, Krankenhaus Neuwittelsbach, München; 9Abteilung Pneumologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover; 10Innere Abteilung, Missionsärztliche Klinik Würzburg, Würzburg; 11Klinik und Poliklinik für Innere Med. II, Kardiologie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg; 12Innere Medizin V, Pneumologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar; 13Klinik für Pneumologie, UniversitätsSpital Zürich, Zürich, CH; 14Klinische Abteilung für Pulmonologie, Universitätsklinik für Innere Medizin (UKIM), Graz; 15Abt. für Pneumologie, LKH Universitätsklinik Graz, Graz, AT; 16Thoraxklinik, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg; 17Innere Medizin II, Medizinische Universität Wien, Wien;

Hintergrund: Nach der aktualisierten klinischen Klassifikation der pulmonalen Hypertonie (Nizza, 2018) wird "PAH mit Vasoreaktivität" als eigenständige Entität bei Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH) abgegrenzt (Nizza-Gruppe 1). Dies basiert auf der akuten Vasoreaktivitätstestung (AVT), die während der Index-Rechtsherzkatheter-Untersuchung (RHK) durchgeführt wird. Die empfohlene Behandlung der Wahl für „Vasoresponder“ sind hochdosierte Calciumkanalblocker (CCB). Der langfristige Nutzen und die Notwendigkeit zusätzlicher Therapien sind jedoch weitgehend unbekannt.

Ziel: Erfassung des langfristigen klinischen Ansprechens auf CCB und Behandlungsmuster bei PAH-Patienten mit Vasoreaktivität.  Identifizierung relevanter Parameter der initialen kardiopulmonalen Hämodynamik.

Methoden: Es wurden Patienten analysiert, die zwischen Juni 1997 und August 2019  in 15 europäischen PH-Zentren einen RHK im Rahmen der PAH-Diagnostik erhielten. In Übereinstimmung mit den ESC/ERS-Richtlinien wurden AVT entweder mit inhaliertem Stickstoffmonoxid oder inhaliertem Iloprost durchgeführt, und die Vasoreaktivität wurde durch eine Abnahme des mittleren pulmonal arteriellen Drucks (PAPm) um ≥10 mmHg und auf < 40 mmHg definiert, ohne Abnahme des Herzzeitvolumens. Es wurde der Einfluss auf klinische Messparameter und nachfolgende Behandlungsmuster erfasst. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 45,4 ± 1,5 Monate.

Ergebnisse: Von 3702 Patienten, die eine RHK im Rahmen der PAH-Diagnostik erhielten, wurde eine AVT bei 1904 (51,4 %) durchgeführt. 162 Patienten erfüllten die oben genannten Kriterien und wurden als Vasoresponder identifiziert.  In dieser Gruppe verringerte sich der PAPm um 18,0 ± 0,6 mmHg, der Ziel-PAPm lag bei 29,1 ± 0,6 mmHg und das Herzzeitvolumen stieg von 4,5 ± 0,1 auf 5,0 ± 0,1 l/min, was zu einer substanziellen Reduktion des pulmonal vaskulären Widerstands (PVR) um 51,9 % führte. Während der pulmonal arterielle Verschlussdruck (PAWP) nahezu unverändert blieb und nach AVT bei 7,8 ± 0,3 mmHg (-3,8%) lag, nahmen Schlagvolumenindex (SVI) um 15,0 % auf 37,8 ± 0,8 ml und die pulmonal arterielle Compliance (PAC) um 77,2 % zu. Der Pulsdruck (PP) zeigte einen Abfall nach Testung um 34,4% auf 29,7 ± 0,9 mmHg. Die Behandlung mit CCB führte innerhalb von 12 Monaten zu einer signifikanten Verbesserung prognostisch bedeutsamer klinischer Parameter einschließlich der 6-Minuten Gehstrecke (+44,4 ± 9,9 m) und des NTproBNP-Spiegels (-215,5 ± 137,1 ng/l) sowie einer  Erhöhung des Anteils der Patienten in WHO-Funktionsklasse I oder II (von 25.8% auf 65,8%) (alle p<0,001). Der initiale Anstieg der PAC im Rahmen der Testung und ein Absinken des NTproBNP im frühen Follow-up konnten als Prädiktoren für ein gutes Langzeit-Ansprechen auf CCB identifiziert werden.

Schlussfolgerungen: Obwohl Vasoresponder nach Einleitung einer CCB-Therapie eine deutliche klinische Verbesserung zeigten, ist das Ansprechen auf  eine CCB-Monotherapie heterogen. Die meisten Patienten zeigten kein dauerhaft zufriedenstellendes klinisches Ansprechen  und wurden daher mit PAH-spezifischen Medikamenten eskaliert. Eine genauere Patientencharakterisierung insbesondere zum Zeitpunkt der initialen hämodynamischen Untersuchung im Hinblick auf die Prognose, eine strukturierte regelmäßige Nachsorge einschließlich Risikobewertung und entsprechender Anpassungen ist bei PAH-Patienten mit Vasoreaktivität unerlässlich. Die aktuellen Responderkriterien sollten hierbei  überdacht werden.

 

 


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