Clin Res Cardiol (2021)
DOI DOI https://doi.org/10.1007/s00392-021-01843-w

Trends bei Risikofaktoren, Infarktschwere und Interventionen bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkt zwischen 2006 und 2020
J. Schmucker1, A. Fach1, R. Osteresch1, L. A. Mata Marín1, K. Diehl1, D. Garstka1, R. Hambrecht1, H. Wienbergen1
1Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF), Bremen;

Einleitung: Trotz über die letzten Jahrzehnte fallender Inzidenzraten sind ST-Hebungsinfarkte (STEMI) weiterhin im klinischen Alltag ein häufiges Krankheitsbild. Obwohl die Bedeutung der kardiovaskulären Risikofaktoren in der Pathogenese dabei unbestritten ist, gibt es wenig Daten über den Verlauf der Prävalenzraten während der letzten 10 bis 15 Jahren. Ziel der vorliegenden Studie war eine Analyse der Entwicklung der Risikofaktoren bei Patienten mit STEMI sowie eine Analyse von Veränderungen von Infarktschwere und Interventionsstrategien.

Methoden: Alle Patienten mit STEMI aus einem überregionalen PCI-Zentrum zwischen 2006 und 2020 wurden in die Analyse eingeschlossen. Die Einteilung erfolgte in fünf Abschnitte: T1: 2006-2008, T2: 2009-2011, T3: 2012-2014; T4: 2015-2017, T5: 2018-2020. Der Vergleich erfolgte in einer univariaten Analyse sowie in einem multivariat adjustiertem Regressionsmodell mit T1 als Basiswert (1).

 

Ergebnisse: Insgesamt wurden Daten von 10724 Patienten ausgewertet mit einem mittleren Alter von 64 Jahren und einem Frauenanteil von 27%. Über den Untersuchungszeitraum zeigte sich ein leichter Anstieg des Gesamtalters (von 63,6±13 Jahre auf 64,5±13 Jahre, p<0.01) bei konstantem Frauenanteil. Nach initialer Zunahme des Raucheranteils zeigt sich nach 2014 eine kontinuierliche Abnahme, die auch in der multivariat adjustierten Analyse signifikant blieb (Tabelle). Dagegen zeigte sich eine Zunahme der Raten von Adipositas (BMI≥30 kg/m2) sowie ab 2018 (T5) auch eine Zunahme von Diabetes. Gleichzeitig zeigt sich eine Zunahme der Häufigkeit von komplexer 3-Gefäß-KHK (p(Trend)<0.01) und eine Verdoppelung von kardiogenem Schock bei STEMI (p(Trend)<0.01). Bezüglich der Interventionsstrategien zeigte sich eine Zunahme der Rate von perkutanen Koronarinterventionen (PCI) bei STEMI-Patienten ≥80 Jahre (von 73,8% auf 87,7%, p<0.01), bei Patienten im kardiogenen Schock (77,8% auf 90,3%, p<0.01) und bei Frauen (79,1% auf 91,2%, p<0.01).

Zusammenfassung: Während des Untersuchungszeitraumes über 15 Jahre zeigt sich bei STEMI-Patienten eine Abnahme des Nikotinabusus, während eine Zunahme von Adipositas und zuletzt auch Diabetes nachweisbar war. Gleichzeitig zeigte sich über die Zeit eine Zunahme der Patienten mit komplexer KHK und eine Verdoppelung von STEMI-Patienten im kardiogenen Schock, wobei sowohl bei Älteren als auch bei Patienten im kardiogenen Schock zunehmend eine unmittelbare PCI erfolgte.

 

 

 

 Tabelle: Entwicklung von Risikofaktoren und Infarktschwere 2006-2020

   T1
2006-2008
T2
2009-2011
T3
2012-2014
 T4
2015-2017
T5
2018-2020
 Raucher (%)  40,7 49,7  40,9  38,8  36,3
 Raucher
OR* (95% CI)
 1 1,54
(1,3-1,7)
1,04
(0,91-1,2)
0,89
(0,7-1,01)
0,76
(0,7-0,9) 
 Adipositas (%)  22,8 24,6 25,0 25,7 26,5
 Adipositas
OR* (95% CI)
1,08
(0,9-1,3)
1,13
(1,0-1,3)
 1,16
(1,0-1,3)
1,20
(1,1-1,4)
 Diabetes mellitus (%)  19,9 18,5 18,3  19,7 22,4
 Diab.mell.
OR* (95% CI)
0,96
(0,8-1,1)
0,93
(0,9-1,1)
1,04
(0,9-1,2) 
1,23
(1,1-1,4)
 3-G-KHK (%)  31,3 29,5 29,6  34,5 36,0
 Killip IV (%)  10,3   9,3 14,3  17,1  22,2

 

* Odds ratio (OR) und 95% Konfidenz Intervall (CI), kalkuliert im multivariat nach Alter und Geschlecht adjustierten Modell, T1=1 (Basiswert)

 

 


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