Clin Res Cardiol (2021)
DOI DOI https://doi.org/10.1007/s00392-021-01843-w
|
Eine ungewöhnliche hereditäre Form des plötzlichen Herztodes mit spezifischen Ekg-Veränderungen und idiopathischer linksventrikulärer Hypertrophie.
|
P. Swojanowsky1, H. von Korn1, C. Basso2, K. Pilichou2, V. Stefan1, T. Münzel3
|
1Medizinische Klinik I, Marienhaus Klinikum Hetzelstift, Neustadt a. d. Weinstraße; 2Department of Cardiac, Thoracic and Vascular Sciences and Public Health, University of Padua Medical School, Padova, IT; 3Kardiologie 1, Zentrum für Kardiologie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz;
|
Einleitung: Der plötzliche Herztod (SCD) eines jungen Menschen ist ein tragisches Ereignis. Bei Personen unter 35 Jahren sind Rhythmusereignisse die häufigste Ursache dafür — meistens bedingt durch genetische Herzerkrankungen wie Ionenkanalerkrankungen.
Methoden: Wir untersuchten den Fall eines 23-jährigen männlichen Patientes (Indexpatient) mit plötzlichem Herztod bei Kammerflimmern. Sechs Wochen zuvor waren ungewöhnliche dynamische EKG-Veränderungen sowie eine linksventrikuläre Hypertrophie festgestellt worden. In der Familie liegt eine Häufung von plötzlichen, kardialen Todesfällen väterlicherseits vor (Onkel, Großvater und Urgroßmutter des Indexpatienten). Zur weiteren Aufarbeitung haben wir ein internationales, multizentrisches und interdisziplinäres Team aus Kardiologen, (Kardio-)Pathologen und Genetikern eingerichtet. Die Familienmitglieder wurden anamnestiziert und es wurden Ruhe- und Belastungs-EKGs sowie transthorakale Echokardiographien durchgeführt. Weiter wurde die medizinische Vorgeschichte aller Familienmitglieder eruiert und ein Stammbaum bis zur dritten Generation erstellt. Es erfolgte die Autopsie des Indexpatienten. Außerdem wurde das intakte Herz zur weiteren Analyse dem Department of Cardiac, Thoracic, Vascular Sciences and Public Health der Universität Padua (Italien) übersendet. Ergänzend erfolgte eine genetische Analyse der Blutproben aller relevanten Familienmitglieder.
Ergebnisse: Bei Durchsicht der initialen EKGs des Indexpatienten zeigten sich sechs Wochen vor dem SCD neu aufgetretene ST-Senkungen in III, aVR, aVF sowie ein überhöhter ST-Abgang aus dem tiefen S in V2 (Abb. 1). Die durchgeführte Koronarangiographie schloss koronare Stenosen aus. Die pathologische Aufarbeitung des Herzen zeigte eine milde konzentrische Hypertrophie. Nichtkardiale Todesursachen konnten ausgeschlossen werden. In der genetischen Analyse des Indexpatienten fanden sich zwei Nukleotidvariationen in zwei verschiedenen Genen (ANK2:c.11791G>A , MYO18B:c.3761G>A). Die Untersuchung der Familie zeigte die selbe Genmutationen in nahezu allen Personen der väterlichen Linie (Abb. 2). Weiter war in allen Fällen mit o.g. Genmutationen ein pathologisches EKG mit den gleichen spezifischen ST-Senkungen des Indexpatienten nachzuweisen (Abb. 3).
Diskussion: Wir beschreiben einen ungewöhnlichen Fall mit rhythmogenem SCD. Auffällig ist eine familiäre Häufung in der väterlichen Linie. In der Aufarbeitung des Falls findet sich nicht nur eine bis dato nicht beschriebene dynamische EKG-Veränderung beim Indexpatient. Vielmehr lassen sich die genannten spezifischen EKG-Veränderungen in nahezu der gesamten Familie väterlicherseits nachweisen. Dies ist ausnahmslos mit einer Mutation der Gene ANK2 und MYO18B assoziiert. Das Gen ANK2 codiert Ankyrin-2 – ein Protein, welches in Kardiomyozyten exprimiert wird und für die Membranstabilisierung von Ionentransportern und -kanälen nötig ist. Ankyrin-2-Mutationen können kardiale Arrhythmien bedingen (insb. Long-QT-Syndrome). In selteneren Fällen können sie auch zu einer linksventrikulären Hypertrophie führen. Der Vererbungsmodus ist autosomal dominant.
Wir schließen daraus, dass die genannten spezifischen — und unseres Wissens nach, bislang unpublizierten — EKG-Veränderung auf eben diese Mutationen zurückzuführen sind. Weiter kann konstatiert werden, dass dieses Syndrom aus spezifischen EKG-Veränderungen und Genmutation mit einem erhöhten Risiko des SCD einhergeht.
|
https://dgk.org/kongress_programme/jt2021/aP1394.html
|