Clin Res Cardiol 108, Suppl 1, April 2019 |
|||||||||||||||||||||||||||||||
Einsatz und Nutzen neuer Therapien des ST-Hebungsinfarktes bei Nierenfunktionseinschränkung: „real world“ Daten zu einem besonderen Patientenkollektiv | |||||||||||||||||||||||||||||||
J. Schmucker1, A. Fach1, T. Retzlaff1, D. Garstka1, R. Osteresch1, H. Wienbergen1, R. Hambrecht1, für die Studiengruppe: BSR | |||||||||||||||||||||||||||||||
1Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF), Bremen; | |||||||||||||||||||||||||||||||
Einleitung: In den aktuellen Leitlinien zur Versorgung von Patienten mit ST-Hebungsinfarkt (STEMI) wird der bevorzugte Einsatz der modernen Thrombozytenaggregationshemmer (TAH) Ticagrelor und Prasugrel empfohlen. Diese Empfehlungen gelten dabei weitgehend unabhängig von der initialen Nierenfunktion, obwohl die Zulassungsstudien in der Mehrzahl mit nierengesunden Kollektiven durchgeführt wurden. Ziel dieser Untersuchung war es, anhand von Daten aus einem großen STEMI-Register die Einsatzhäufigkeit moderner Thrombozytenaggregationshemmer in Abhängigkeit von der initialen Nierenfunktion zu untersuchen, und den klinischen Nutzen bezüglich MACCE (major adverse cardiac and cerobrascular events: Tod, Reinfarkt, Schlaganfall) und Blutungsereignissen zu evaluieren. Methoden: Alle konsekutiven Patienten zwischen 2006-2017 mit STEMI aus einem deutschen Herzzentrum mit überregionalem Versorgungsauftrag wurden eingeschlossen. Die Abschätzung der initialen Nierenfunktion erfolgte durch Berechnung der initialen glomerulären Filtrationsrate (GFR) nach der CKD-EPI-Formel (Stadium G1-G5).
Ergebnisse: Es
wurden die Daten von 7227 Patienten mit STEMI im Zeitraum 2006 bis 2017 ausgewertet.
Dabei war bei 2669 Patienten (37%) keine Reduktion der GFR (GFR> 90
ml/min/1,73 m², Stadium G1), bei 2976 (41%) eine geringgradige Reduktion (60-89
ml/min/1,73 m², Stad. G2), bei 880 (12%) eine mittelgradige Einschränkung der
Nierenfunktion (45-59 ml/min/1,73 m², Stad. G3a) und bei 702 (10%) eine deutliche
Einschränkung der Nierenfunktion (GFR<45 ml/min/1,73 m², Stadium G3b bis G5)
bei Aufnahme zu beobachten. Patienten mit initial eingeschränkter Nierenfunktion waren im
Schnitt älter (G1: 55 ±11 Jahre, G2 :66±12, G3a: 72±12, G3b bis G5: 75±11,
p<0.01) und häufiger weiblichen Geschlechts
(G1: 19%, G2: 26%, G3a: 40%, G3b bis G5: 48%, p<0.01). Prasugrel und
Ticagrelor kamen bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion seltener zum
Einsatz: G1: 70%, G2: 45%, G3a: 31%, G3b bis G5: 32%, p <0.01. Der Einsatz von Ticagrelor/Prasugrel war
bei Patienten mit mäßig oder schwergradiger Nierenfunktionseinschränkung (GFR<60 ml/min/1,73 m²) im
Gegensatz zu Patienten-Kollektiven mit normaler oder leichtgradiger
Nierenfunktionseinschränkung nicht mit einer signifikanten Reduktion von MACCE
nach 1 Jahr (Tod, Reinfarkt, Schlaganfall) assoziiert (Tabelle). Eine
eingeschränkte Nierenfunktion war zudem mit höheren kumulativen Blutungsraten
nach 1 Jahr vergesellschaftet (G1: 1,4%, G2: 2,6%, G3a: 4,9%, G3b-G5: 5,9%, p<0.01).
Zusammenfassung: Diese Daten aus einem überregionalen STEMI-Register zeigen, dass bei Patienten mit deutlich eingeschränkter Nierenfunktion die neueren Thrombozytenaggregationshemmer Prasugrel und Ticagrelor seltener zum Einsatz kamen. Gleichzeitig nahm der klinische Nutzen von Ticagrelor und Prasugrel mit zunehmender Nierenfunktionseinschränkung ab und war ab einer GFR <60 ml/min/1,73 m² nicht mehr evident. Die Ergebnisse unterstreichen die Sonderstellung von STEMI-Patienten mit höhergradiger Nierenfunktionseinschränkung und die Notwendigkeit innovativer Therapiekonzepte für diese Patienten.
|
|||||||||||||||||||||||||||||||
https://www.abstractserver.com/dgk2019/jt/abstracts//V208.htm |