Clin Res Cardiol 108, Suppl 1, April 2019

Prothrombotische Genvarianten als Risikofaktor für linksatriale Thromben bei persistierendem Vorhofflimmern
A. Springer1, M. Lemoine1, R. Schleberger1, F. Oyen2, R. Schnabel3, B. A. Hoffmann4, R. Schneppenheim2, C. Meyer1, S. Willems1
1Klinik für Kardiologie mit Schwerpunkt Elektrophysiologie, Universitäres Herzzentrum Hamburg GmbH, Hamburg; 2Klinik und Poliklinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin, Hamburg; 3Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie, Universitäres Herzzentrum Hamburg GmbH, Hamburg; 4Med. Klinik und Poliklinik II, Klinik für Kardiologie, Angiologie und intern. Intensivmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz;
Einleitung: Die linksatriale Thrombogenese mit konsekutiven thromboembolischen Ereignissen stellt eine schwerwiegende Komplikation des Vorhofflimmerns (VHF) dar. Ergänzend zur rein klinischen Risikoeinschätzung mittels CHA2DS2-VASc-Score könnte eine genetische Risikostratifizierung sinnvoll sein. Wir haben hierzu ein Kollektiv von Patienten mit linksatrial-aurikulärem Thrombus (LAAT) und persistierendem VHF bezüglich der klassischen Risikofaktoren charakterisiert und neben den Thrombophilie-Risikofaktoren (Faktor-V-Leiden [FVL], Prothrombin Variante G20210A [Prot]), auf eine genetische Variante des Von Willebrand Faktors (p.Phe2561Tyr [VWF-V]), untersucht, die über eine Scher-induzierte Konformationsänderung des VWF-Polymers prothrombotisch wirkt.
Methoden und Ergebnisse: Wir haben insgesamt 42 Patienten mit der Diagnose LAAT rekrutiert und mit einem Patientenkollektiv mit persistierendem VHF ohne LAAT (nLAAT) verglichen. Thrombophile Genvarianten (FVL/Prot/VWF-V) wurden mittels standardisierter Multiplex-PCR und Fragmentanalyse identifiziert. Neben einem signifikant höheren CHA2DS2-VASc-Score in der LAAT Gruppe (3,4±1,5 vs. 1,9±1,4; p=0,001), ergab die univariate Analyse eine höhere Prävalenz der klassischen Risikofaktoren: reduzierte linksventrikuläre Ejektionsfraktion (EF<55%) (52,4 vs. 7,4 %; p<0,001), koronare Herzerkrankung (35,7 vs. 8,8 %; p=0,002), embolische Komplikationen (21,4 vs. 13,2 %; p=0,43), Hypertonus (78,6 vs. 58,8 %; p=0,13), Alter (69,0±9,1 vs. 63,4±8,9 Jahre; p<0,01), Diabetes mellitus (23,8 vs. 8,8 %; p=0,06) und weibliches Geschlecht (28,6 vs. 22,1 %; p=0,50) im Patientenkollektiv mit stattgehabtem LAAT. Auffällig waren zudem das höhere linksatriale Volumen (95,9±32,2 vs. 75,6±20,7 ml; p<0,01) und die niedrigere Entleerungsgeschwindigkeit des linken Herzohres (0,21±0,11 vs. 0,43±0,19 m/s; p<0,001). Die multivariable Analyse mittels logistischer Regression konnte die Bedeutung der reduzierten linksventrikulären Ejektionsfraktion (OR 33,6; 95%-Konfidenzintervall: 7,9-144,9) zeigen. Von den 42 untersuchten Patienten mit LAAT nahmen zum Diagnosezeitpunkt 40 (95%) Antikoagulanzien ein. Die Art der Antikoagulation unterschied sich deutlich zwischen der LAAT Gruppe und der Kontrollgrupe (Phenprocoumon 64%/40%, Rivaroxaban 10%/40%, Apixaban 7%/8%, Dabigatran 7%/6%, niedermolekulares Heparin 5%/2%). Die Prävalenz für heterozygotes Vorliegen von FVL/Prot/VWF-V betrug 7,1%/2,4%/9,5% (LAAT) im Vergleich zu nLAAT (3,1%/3,1%/14,1%; p=0,38/1,00/0,56), und war vergleichbar mit der Neugeborenenprävalenz (3-8%/1,7-3%/9,8%). Auffällig war jedoch in der Subgruppe der <65 Jährigen mit LAAT eine tendenziell höhere Prävalenz der heterozygoten VWF-Variante p.Phe2561Tyr mit 27% (LAAT<65 Jahre) vs. 7% (nLAAT<65 Jahre, p=0,066; Exakter Test nach Fisher). 
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse bestätigen die Relevanz des CHA2DS2-VASC-Scores bei der Risikobestimmung für linksatriale Thrombogenese. Dabei zeigte sich in der multivariablen Analyse die Reduktion der linksventrikulären Funktion als bester Prädiktor. Die gehäufte Prävalenz der VWF-Variante im Kollektiv der <65 Jährigen weist auf eine mögliche Bedeutung der genetischen Prädisposition hin. Ob die klassische Risikostratifizierung mittels CHA2DS2-VASc-Score um diese genetische Thrombophiliediagnostik erweitert werden sollte, muss in größeren Kollektiven getestet werden.
 

https://www.abstractserver.com/dgk2019/jt/abstracts//V1104.htm