Clin Res Cardiol 107, Suppl 1, April 2018

Durch eine optimierte Herzinsuffizienztherapie unter WCD-Schutz kann die ICD-Implantation bei jedem zweiten Patienten vermieden werden – unabhängig von der kardialen Grunderkrankung.
A. Hain1, M. Rechner2, S. Zaltsberg1, H. Greiß1, M. Kuniss1, T. Neumann1, C. W. Hamm3, J. Sperzel1
1Abteilung für Kardiologie, Kerckhoff Klinik GmbH, Bad Nauheim; 2Abt. I - Innere Medizin, Kardiologie, Diabetologie, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Koblenz; 3Medizinische Klinik I - Kardiologie und Angiologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Gießen;

Einleitung: Patienten mit einem transienten Risiko für ventrikuläre Tachykardien und den plötzlichen Herztod können überbrückend durch eine Defibrillator-Weste (LifeVest®, Fa Zoll) geschützt werden. Die Defibrillator-Weste bietet während der Behandlungsphase die Möglichkeit der Erkennung und Terminierung von ventrikulären Rhythmusstörungen. Vor Beendigung der Tragephase der Defibrillator-Weste erfolgt die Reevaluation der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LV-EF) mittels transthorakaler Echokardiographie. Hiervon abhängig erfolgt die Entscheidung bezüglich einer weiteren ICD-Therapie.

 

Methoden: 342 Patienten mit einer LV-EF < 35% wurden zwischen Juni 2010 und September 2017 mit einer tragbaren Defibrillator-Weste versorgt. Das mittlere Patientenalter lag bei 57,9 Jahren (SD 14,4J). Die Indikationen waren: Myokarditis bei 39 Patienten (11%), dilatative Kardiomyopathie (DCM) bei 169 Patienten (49 %), ischämische Kardiomyopathie (ICM) bei 115 Patienten (34 %) und sonstige (z.B Tachymyopathie) bei 19 Patienten (6%). 16 Patienten hatten eine LV-EF von kleiner als 15%, 198 zwischen 16-25%, 128 zwischen 26-35%. Alle Patienten erhielten eine optimierte Herzinsuffizienztherapie (Betablocker, ACE-Hemmer/Sartan, Spironolacton/Eplerenon, Diuretikum) – in der maximal vom Patienten tolerierten Dosierung. 

 

Ergebnisse: Die durchschnittliche Tragezeit der Defibrillator-Weste betrug 64 Tage bei einer medianen Tragedauer von 23.0 Stunden pro Tag. Nach dieser Zeit wurden 121 (35 %) mit einem implantierbaren Cardioverter Defibrillator (ICD) versorgt: 117 Patienten primärprophylaktisch, bei einer anhaltend reduzierten systolischen LV-EF < 35%, 4 Patienten sekundärprophylaktisch nach adäquater Schockabgabe durch die Defibrillator-Weste. Von den Patienten mit Myokarditis erhielten 16 Patienten (41%) einen ICD. Bei 22 Pat. (56%) war eine ICD-Implantation nicht mehr notwendig. Die Zahl der vermiedenen ICD-Implantationen bei DCM und ICM Patienten betrugen 102 (60%) und 57 (56%). Im Gesamtkollektiv besserte sich die mittlere systolische LV-EF um 12,0% (SD10,2%) bei der DCM, 15,1% (SD 8,6%) bei der ICM und 12,9% (SD 11,4%) bei der Myokarditis. Bei den Patienten, die keinen ICD benötigten besserte sich die mittlere systolische LV-EF um 16,7% (SD 9,8%) bei der DCM, 15,2% (SD 8,0%) bei der ICM und 18,0% (SD 12,4%) bei der Myokarditis. Von den Patienten, die initial eine systolische LV-EF <15% hatten, erhielten 5 Patienten (31%) keinen ICD, in der Gruppe LV-EF 16-25% 109 Patienten (55%) und in der Gruppe LV-EF 26-35% 81 Patienten (63%). 

 

Diskussion: Durch die Defibrillatorweste können Patienten mit ICD-Indikation transient (bspw. zur medikamentösen Herzinsuffizienztherapie) vor ventrikulären Rhythmusstörungen geschützt werden. Bereits nach einem Zeitraum von zwei Monaten zeigt sich die Zahl der primärprophylaktischen ICD-Indikationen hierunter mehr als halbiert. Dies gilt unabhängig von der kardialen Grunderkrankung. Interessanterweise konnten wir in unserem Kollektiv ähnliche Verbesserungen der systolischen LV-EF für die ICM, DCM und Myokarditis feststellen. Im Hinblick auf die Ausgangs-LV-EF zeigt erwartungsgemäß die Gruppe mit einer LV-EF <15% einen höheren Anteil an späterer ICD-Notwendigkeit. Für die Gruppen LV-EF 16-25% und 26-35% zeigen sich jedoch keine wesentlichen Unterschiede.


http://www.abstractserver.de/dgk2018/jt/abstracts//V296.htm