Clin Res Cardiol 107, Suppl 1, April 2018

Klinischer Nutzen von Prasugrel im Vergleich zu Clopidogrel bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkt in Abhängigkeit vom Gesamtrisiko- Ergebnisse aus einem STEMI-Register
J. Schmucker1, A. Fach1, E. Fiehn1, R. Osteresch1, T. Backhaus1, H. Wienbergen1, R. Hambrecht1, für die Studiengruppe: BSR
1Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF), Bremen;

Einleitung: Der Plättchenaggregationshemmer Prasugrel wird neben Ticagrelor seit dem Jahr 2012 bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkt (STEMI) nach erfolgreicher perkutaner Koronarintervention (PCI) gegenüber Clopidogrel bevorzugt. Jedoch entsprachen die Patientencharakteristika in den Zulassungsstudien eher Niedrigrisiko-Kollektiven. Ziel dieser Studie war es anhand von Registerdaten zu überprüfen, inwieweit Ergebnisse aus randomisierten Studien auch auf STEMI-Patienten mit mittlerem oder hohem Gesamtrisiko extrapoliert werden können.

Methoden: Alle konsekutiven Patienten zwischen 2006-2016 mit STEMI aus einem deutschen Herzzentrum, die nach PCI mit Prasugrel oder Clopidogrel behandelt wurden, gingen primär in die Analyse ein. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden alle Patienten ≥75 Jahre, Pat. mit einem Gewicht <60 kg, eines cerebrovaskulären Ereignisses in der Vorgeschichte, Pat. mit einer Tripletherapie und/oder initialem Vorhofflimmern sowie Patienten, die nach dem Jahr 2010 mit Clopidogrel behandelt wurden in der Folge von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Die Einteilung des Gesamtrisikos erfolgte nach dem TIMI-Risiko-Score für STEMI.

 Ergebnisse: Zwischen 2006 und 2016 wurden die Daten von 2695 Patienten mit STEMI und primärer PCI analysiert, wobei 1867 (69%) mit Prasugrel und 828 (31%) mit Clopidogrel behandelt  wurden. Patienten, die mit Clopidogrel behandelt wurden waren im Schnitt etwas älter (58,1±9 vs. 56,8±9 Jahre, p=0,01), dagegen war die Infarktgroesse (gemessen an der maximale Creatin Kinase) geringer: 1885±2321 vs. 2110±2966 U/l, p=0,01.  Die Gesamtmortalität nach 12 Monaten war bei Pat., die mit Clopidogrel behandelt wurden  gegenüber Prasugrel erhöht (6,2 vs. 3,0%, p<0.01), ebenso die kumulative MACCE-Rate (major adverse cardial or cerebrovascular events: Tod, Schlaganfall oder Reinfarkt): 10,4 vs. 4,8%, p<0,01. Die erhöhten MACCE-Raten für Clopidogrel gegenüber Prasugrel zeigten sich unabhängig vom Gesamtrisiko (eingeteilt nach dem TIMI-Risiko-score) und auch weiterhin nach zusätzlicher multivariater Adjustierung der stratifizierten Daten (multivariat adjustiert auf Alter, Geschlecht und Diabetes), wobei der Vorteil für Prasugrel bei Patienten mit hohem Gesamtrisiko nur noch als Trend nachweisbar war (Tabelle). Die Blutungsrate nach Entlassung/Verlegung aus dem PCI-Zentrum innerhalb von 12 Monaten nach STEMI war unter Behandlung mit Prasugrel leicht gegenüber Clopidogrel erhöht: 1,8% vs. 0,9%, p=0,05.


Tabelle

 

TIMI-Score 0-2

TIMI Score 3-4

TIMI Score ≥5

MACCE Prasugrel (%)

1,9

5,4

13,6

MACCE Clopidogrel (%)

5,9

10,3

20,6

Signifikanz (unadj.)

<0,01

<0,01

0,05

Adjustierte HR

95% CI

0,38

0,18-0,61

0,52

0,31-0,85

0,67

0,42-1,06

Signifikanz

<0,01

0,02

0,09















 
Zusammenfassung
: Diese Daten aus einem STEMI-Register zeigen, das eine Reduzierung von ischämischen Ereignis-Raten (MACCE) durch den Einsatz von Prasugrel nicht nur bei Patienten mit niedrigem Gesamtrisiko nachweisbar war, welche den Patientenkollektiven aus den Zulassungsstudien ähnelten, sondern auch bei Patienten mit mittlerem oder hohem Gesamtrisiko. Die Effektstärke von Prasugrel scheint dabei jedoch mit steigendem Gesamtrisiko abzunehmen. Gleichzeitig ist die Rate an Blutungen nach Entlassung unter Therapie mit Prasugrel leicht gegenüber Clopidogrel erhöht.
Unter Berücksichtigung der Kontraindikationen unterstützen diese Ergebnisse den bevorzugten Einsatz von Prasugrel bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkt nach primärer PCI unabhängig vom Gesamtrisiko.

 

 

 


http://www.abstractserver.de/dgk2018/jt/abstracts//V176.htm