Clin Res Cardiol 107, Suppl 1, April 2018

Sitagliptin unterstützt die endotheliale Regeneration nach akuter Gefäßschädigung unabhängig vom GLP1-Signalweg
F.-C. Remm1, N. Kränkel2, D. Lener1, D. J. Drucker3, S. Sopper4, C. Brenner1
1Department für Innere Medizin III - Kardiologie und Angiologie, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, AT; 2CC 11: Med. Klinik für Kardiologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin; 3Mount Sinai Hospital, Lunenfeld-Tanenbaum Research Institute, Toronto Ontario, CA; 4Klinik für Innere Medizin V, Hämatologie und Onkologie, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, AT;
Hintergrund
Trotz zahlreicher moderner Therapieansätze ist die Koronare Herzkrankheit (KHK) derzeit noch eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Gliptine (DPP4-Inhibitoren) weisen zusätzlich zu ihrer glukoseregulierenden Wirkung diverse vasoprotektive und –regenerative Effekte auf. Aktuell finden sie als Wirkstoffe zur Behandlung und Prophylaxe kardiovaskulärer Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus Anwendung. In unseren Vorarbeiten konnten wir zeigen, dass Gliptine zum einen eine prophylaktische Wirkung auf die Atheroskleroseprogression im ApoE-/- Modell aufweisen und zum anderen die Regeneration nach akuter Schädigung des Endothels bei C57Bl/6 Wildtypmäusen fördern. Einer der zu Grunde liegenden Mechanismen dieser Effekte ist die Bindung von SDF1 an den CXCR4-Rezeptor auf Monozyten und zirkulierenden Progenitorzellen (ciPC). Durch diese Bindung wird zum einen die Differenzierung von rekrutierten Monozyten in Richtung der regenerativen M2 Makrophagen gelenkt und zum Zweiten die Rekrutierung von ciPCs in verletzte Gefäßareale verbessert. Durch Gliptingabe wird der SDF1-Abbau gehemmt und beide regenerative Signalwege verstärkt. Neben SDF1 ist das Inkretin GLP1 ein weiteres Substrat der DPP4. Diesem werden ebenfalls vasoprotektive Effekte zugeschrieben. Das Ziel unserer Arbeit war daher, die Relevanz des GLP1-Rezeptor-Signalwegs (GLP1R) auf die Gefäßregeneration zu untersuchen.
Methoden
Um die SDF1-CXCR4-Achse unabhängig vom GLP1-Signalweg zu untersuchen haben wir ein GLP1-Rezeptor knock-out Mausmodell (Glp1r-/-) gewählt. Dieses stellt durch die Glp1r-Defizienz ein optimales Modell dar. Nach Induktion eines Endothelschadens der A. carotis communis wurden diverse Analysen durchgeführt. Hierzu zählten Evans blue Färbung, FACS-Analysen und histologische Auswertungen. Behandelt wurden die Tiere entweder mit Sitagliptin (500mg/kg/d), Sitagliptin und AMD3100 (1,25mg/kg/d) oder Placebo. Ergänzend wurde ein in vitro Scratch-Assay mit HUVECs durchgeführt, um den direkten SDF1-Effekt auf Endothelzellen weiter zu untersuchen.
Ergebnisse
Wir konnten zeigen, dass Gliptine auch im Glp1r-/- Mausmodell eine regenerationsfördernde Wirkung auf geschädigtes Endothel haben (Evans blue Färbung). Mittels der FACS-Analysen konnten wir belegen, dass hierfür die Rekrutierung von ciPCs verantwortlich ist und dass Monozyten/Makrophagen bei der Regeneration von akuten Endothelschäden nur eine untergeordnete Rolle zu spielen scheinen. Weiterhin konnten wir zeigen, dass die Gliptinbehandlung zu keiner relevanten Induktion einer überschießenden Neontimabildung führt. Im in vitro Scratch-Assays konnten wir zudem nachweisen, dass SDF1 in hohen Konzentrationen zudem eine direkte pro-proliferative Wirkung auf HUVECs hat, was die verbesserte Endothelregeneration unter Gliptintherapie unterstützt.

Fazit
Der SDF1-CXCR4-Signalweg ist für die verbesserte Endothelregeneration nach akuter Endothelschädigung verantwortlich. Dabei wird die verbesserte Regeneration über eine verstärkte Rekrutierung von ciPCs und nicht über den GLP1-Signalweg vermittelt. Zudem kann durch die Gliptin-vermittelte Hemmung des SDF1-Abbaus eine direkte Proliferation residenter Endothelzellen induziert werden. Die Gliptine stellen damit eine vielversprechende Therapieoption zur Behandlung von Gefäßschäden auch beim nicht-Diabetiker dar.

http://www.abstractserver.de/dgk2018/jt/abstracts//P710.htm