Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02302-4

Effektivität und Sicherheit der lokalen Lysetherapie bei intermediär-hohem und Hochrisiko Lungenembolie .. eine retrospektive Analyse
M. Elsharabassy1, C. Tiefenbacher1
1Klinik f. Innere Med. I - Kardiologie, Angiologie, Pneumologie, Marien-Hospital Wesel gGmbH, Wesel;

Einleitung:

Die Lungenembolie (LE) ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit, in Deutschland wurden zwischen 2005 und 2015 etwa 885 806 Menschen mit LE diagnostiziert. Bis heute ist die systemische Lyse Goldstandard für die Therapie der intermediär-hoch und Hochrisiko LE. Studiendaten zeigen jedoch, daß der Vorteil der Lyse quasi aufgehoben wird durch das hohe Risiko intrakranieller und fataler Blutungen (PEITHO Studie 20141).

Durch eine kathetergestützte Applikation des Lytikums direkt in den Thrombus kann die erforderliche Medikamentendosis deutlich gesenkt und somit das Blutungsrisiko vermindert werden. Die Datenlage zur kathetergestützten Lyse ist jedoch schlecht, und es ist wenig bekannt über Art, Applikationsweg und optimale Dosis. Eine kathetergestützte Niedrigdosislyse mittels Utraschalltechnik zeigte eine deutliche Reduktion des Blutungsrisikos bei gleichzeitig hoher Effektivität (ULTIMA Studie²).

In unserer Klinik wird traditionell eine niedrigdosierte kathetergestützte Lyse über einen in die betroffenen Pulmonalarterien eingebrachten Pigtailkatheter durchgeführt. Effektivität und Sicherheit dieses Verfahrens wurden nun in einer retrospektiven Analyse untersucht.

Methodik :
Es handelt sich um eine retrospektive Kohortenstudie von Patienten mit LE, die zwischen 2009 -2018 am Marien Hospital Wesel mittels lokaler Lyse behandelt und bis 12/2020 nachbeobachtet wurden. Neben der Überlebensrate wurden prognostisch relevante Faktoren untersucht.

Ergebnis
79 Patienten, die wegen einer LE mit lokaler Lyse behandelt wurden, wurden eingeschlossen. Das mittlere Alter der Teilnehmer betrug 65 Jahre, 36 (46%) der Patienten waren weiblich.

Gemäß Einteilung nach ESC-Leitlinie zur akuten LE waren 8 (10 %) Hochrisikopatienten, 46 (52 %) Patienten mit intermediär hohem Risiko, 3 (4 %) Patienten mit intermediär niedrigem Risiko und 22 (30 %) Patienten mit nicht näher bezeichnetem Risiko. Der Median der Gesamtdosis von rTPA betrug 56 mg, die mediane Verabreichungsdauer 22 Stunden.

Bei allen 79 Patienten zeigte sich keine intrakranielle Blutung (ICB). Es zeigte sich kein statistisch relevanter Zusammenhang zwischen aufgetretenen Komplikationen (Hämatom, subkutane Blutung, vaginale Blutungen) und Zugangsstelle oder der Gesamtdosis.

Im Nachbeobachtungszeitraum waren 10 Patienten mit einer mittleren Überlebenszeit von 29 Monaten verstorben, jeweils einer an Pancreascarcinom, Gallenblasenkarzinom, Schlaganfall und Lungenentzündung. Bei vier Patienten war die Todesursache unklar,   zwei Patienten starben an Lungenembolie in den ersten 30 Tagen der Nachbeobachtung.

Nach Durchführung einer univariate Analyse mit Log-Rank-Test für verschiedene Risikofaktoren

fand sich eine prognostische Relevanz nur für BMI, D-Dimer-Test, Hämoglobinwert, und Gesamtdosis von rTPA.

Die multivariate Analyse wurde mittels Cox-Regression durchgeführt und um BMI, D-Dimer-Test, Hämoglobin bei Aufnahme, Hämoglobin bei Entlassung und Gesamtdosis von rTPA adjustiert. Es zeigte sich kein unabhängiger Risikofaktor für das Überleben nach der Intervention.

Schlußfolgerung:

Eine lokale Lyse mit niedrigdosiert rTPA ist für die Therapie der intermediär-hohen und Hochrisiko LE effektiv und sicher. Die Ergebnisse unserer retrospektiven Analyse sollten in größeren prospektiven randomisierten Studien bestätigt werden.

 

Referenzen:
1. Meyer G, Vicaut E, Danays T, Agnelli G, Becattini C, Beyer-Westendorf J, Bluhmki E, Bouvaist H, Brenner B, Couturaud F, Dellas C, Empen K, Franca A, Galiè N, Geibel A, Goldhaber SZ, Jimenez D, Kozak M, Kupatt C, Kucher N, Lang IM, Lankeit M, Meneveau N, Pacouret G, Palazzini M, Petris A, Pruszczyk P, Rugolotto M,  Salvi A, Schellong S, Sebbane M, Sobkowicz B, Stefanovic BS, Thiele H, Torbicki A, Verschuren F, Konstantinides SV., PEITHO Investigators. Fibrinolyse bei Patienten mit Lungenembolie mit mittlerem Risiko. N Engl J Med. 2014 Apr 10;370(15):1402-11.

2. Kucher N, Boekstegers P, Müller OJ, Kupatt C, Beyer-Westendorf J, Heitzer T, Tebbe U, Horstkotte J, Müller R, Blessing E, Greif M, Lange P, Hoffmann RT, Werth S, Barmeyer A, Härtel D, Grünwald H, Empen K, Baumgartner I. Randomisierte, kontrollierte Studie zur ultraschallgestützten kathetergesteuerten Thrombolyse bei akuter Lungenembolie mit mittlerem Risiko. Kreislauf. 2014 Jan 28;129(4):479-86.


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