Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02302-4

Vortäuschen eines Sondendefekts durch kurze V-V Intervalle im Zähler bei P-Wellen Oversensing bei einem 1-Kammer ICD
L. Binner1, A. Frank1, U. Hoffmeister1, R. Birkemeyer1, W. Haerer1
1Herzklinik Dr. Haerer und Partner, Ulm;

Im Holter von Defibrillatoren aufgezeichnete kurze V-V Intervalle geben Hinweis auf einen Sondendefekt, sowohl Isolationsdefekt als auch Sondenbruch. Bei einer 86 Jahre alten Patientin mit einem sekundär prophylaktisch implantierten 1-Kammer Defibrillator (ICD) und einer single coil Sonde waren im Rahmen der Routinenachsorge > 30000 kurze V-V Intervalle aufgefallen. Die erhobenen Messwerte lagen mit einer R-Wellen Amplitude von 4,1 mV, einer Stimulationsimpedanz von 513 Ohm, einer Impedanz der Schockwendel von 59 Ohm und einer Stimulationsreizschwelle von 0,5 Volt / 0,5 msec im Normbereich. Im Holter waren keine ventrikulären oder supraventrikulären Herzrhythmusstörungen aufgezeichnet. Bei Betrachtung des EKG’s und des Markerkanals fiel auf, dass häufig sowohl die P-Welle als auch der QRS-Komplex mit Vs (ventrikuläre Wahrnehmung) annotiert wurden. Bei Röntgendurchleuchtung zeigte sich, dass etwa 1/3 der Schockwendel im Vorhof liegt. Sensing war auf Tip zu Schockwendel programmiert. Die bipolar (Spitze zu Ring) gemessene R-Wellen Amplitude betrug 3,2 mV. Nach Umprogrammierung auf bipolare Wahrnehmung konnte keine fälschliche P-Wellen Wahrnehmung mehr beobachtet werden. Auch bei einer Wahrnehmungsmodalität Spitze zu Wendel  konnte mit einer Erhöhung der Wahrnehmungsschwelle von 0,3 mV auf 0,45 mV konnte das P-Wellen Oversensing eliminiert werden. Im weiteren Follow-up wurden keine signifikanten kurzen V-V Intervalle mehr beobachtet.

Diskussion: In der Literatur gibt es kaum Berichte über P-Wellen Oversensing über rechtsventrikulär implantierte ICD-Sonden. Bei ICD-Sonden mit true bipolarem Design ist die Wahrnehmungsmodalität üblicherweise auf bipolar programmiert. Bei niedriger intrinsischer R-Wellen Amplitude besteht die Möglichkeit der Umprogrammierung auf Spitze zu Schockwendel mit einer eventuell höheren R-Wellen Amplitude. Während der Ring als Anode eine Oberfläche von 25,2 mm2 aufweist, hat die Schockwendel als Anode eine Oberfläche von 614 mm2. Befindet sich dann ein Teil der Schockwendel bei kleinem rechten Ventrikel im rechten Vorhof kann aufgrund der wesentlich größeren Oberfläche bei einer hohen Empfindlichkeitseinstellung ähnlich den „floating electrodes“ bei VDD-Herzschrittmachersonden eine Wahrnehmung der P-Welle erfolgen. Da die P-R Abstände (AV-Intervall) relativ kurz sind und keine Regelmäßigkeit aufweisen, sowohl durch nur intermittierendes P-Wellen Oversensing als auch fehlende Regularität wie bei einer Kammertachykardie, erfolgt die Zählung als kurze VV-Intervalle aber keine Dokumentation im VT-Zähler.

Zusammenfassung:  Bei Änderung der Wahrnehmungspolarität bei ICD-Sonden von bipolar zu Spitze gegen Schockwendel sollte auf P-Wellen Oversensing durch die Ventrikelsonde geachtet werden. Im seltenen Fall von P-Wellen Oversensing kann durch Programmierung einer unempfindlicheren Wahrnehmungsschwelle, bzw. durch Programmierung einer bipolaren Wahrnehmung mit höherer Empfindlichkeit bei niedriger R.Wellen Amplitude das Oversensing eliminiert werden. Eventuell sollte durch eine DFT-Testung mit Induktion von Kammerflimmern regelrechtes Sensing von VF überprüft werden.


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