Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02302-4

Weiterführende invasive koronarphysiologische Untersuchung bei MINOCA als Standard?Ergebnisse mittels Coroventis-Coroflow (IMR/CFR) und Acetylcholin-Provokationstest im Vivantes Friedrichshain-Berlin
S. Kubik1, M. Manstein1, E. Piel1, D. O h-Ici1, A. Bärisch1, S. Kische1
1Klinik für Innere Medizin - Kardiologie und konserv. Intensivmedizin, Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Berlin;
Hintergrund:
Bei Pat. mit MINOCA (myocardial infarction with non-obstructive coronary arteries) werden -je nach vermuteter Ätiologie- verschiedene weiterführende Diagnostik in den Guidelines empfohlen. Da unter dem Begriff die unterschiedlichsten Krankheitsbilder subsummiert werden, zieht dies zum Teil kostspielige und unterschiedlichste Abklärungen nach sich. Bei den ca. 6-11% der MINOCA-Pat. muss somit sorgfältig die Reihenfolge im Konzept der stufenweisen Abklärung festgelegt werden.
Seit 2020 werden am Vivantes Klinikum im Friedrichshain- Berlin standardisiert MINOCA-Pat. mittels invasiver diagnostischer Prozedur (IDP), d.h. mittels Coroventis-Coroflow und Acetlycholin (ACh)-Provokationstestung weiterführend abgeklärt.
 
Methodik:
Im Zeitraum 06/2022 bis 06/2023 wurden insgesamt 25 MINOCA-Pat. mittels IDP bei V.a. CMD (mikrovaskuläre Dysfunktion) und ACh-Provokationstestung bei V.a. Koronarspasmus untersucht. 
Bei den hier untersuchten Pat. wurden kardiovaskuläre Risikofaktoren, vermutete zusammenhängende Faktoren für CMD, z.B. CKD und vermutete Faktoren für Koronarspasmus, z.B. Depressionen, dokumentiert.
Ergebnisse: 
Bei den Untersuchten (64% Männer) betrug das Durchschnittsalter 59,2 Jahre bei einer Altersspanne von 25- 84 Jahren. Bei den hier untersuchten Pat. wurde die Indikation zur weiterführenden Diagnostik bei 92% NSTEMI mit einmal Z.n. Reanimation aus Kammerflimmern (vs 8% STEMI) gestellt. Bei 48% hatte sich in der initialen Koronarangiographie eine KHK ohne Interventionsbedarf gezeigt (vs 52% Ausschluss KHK), lediglich 8 % der Pat. hatten vor dem Ereignis bereits eine PCI erhalten. Bei 28% wurde eine zusätzliche MRT-Diagnostik vor der IDP durchgeführt, lediglich bei 1/7 Pat. konnte bildmorphologisch ein Myokardinfarkt nachgewiesen werden. Bei 96% wurde eine intakte LV-Pumpfunktion diagnostiziert, 72% der Untersuchten standen unter einer antihypertensiven Therapie bei bekannter art. Hypertonie, bei 20% wurde eine Hypercholesterinämie sowie ein Diabetes Mellitus medikamentös behandelt. 36% gaben einen regelmäßigen bzw. Z.n. Nikotinkonsum an. Bei knapp einem Viertel war eine chronische Niereninsuffizienz bekannt, 12% litten an einer Depression.
 
Bei 76% der eingeschlossenen Pat. konnte die MINOCA-Abklärung durch eine Diagnosenstellung nach der IDP beendet werden, bei lediglich 24% musste eine weiterführende MINOCA-Diagnostik erfolgen. 
In der IDP zeigte sich bei 72% ein pathologischer ACh-Test mit Störung der Vasokonstriktion als MINOCA-Ursache, führend wurde bei 44% ein mikrovaskulärer Koronarspasmus, zum Teil alleinig, zum Teil in Kombination mit pathologischem mikrovaskulärem Gefäßwiderstand (IMR erhöht) und/oder reduzierter Vasorelaxation der kleinen und großen Koronargefäße (CFR erniedrigt) nachgewiesen. Ein epikardialer Koronarspasmus wurde bei 28% diagnostiziert, bei 6/7 wurde die klassische Prinzmetal-Angina (fokal epikardialer Spasmus) nachgewiesen, bei 85% davon im RIVA. 
 
Zusammenfassung:
Das durchschnittliche Alter der MINOCA-Pat. ist mit 59,2 Jahren leicht unter dem "klassischen" KHK-Alter, sodass auch bei 52% eine koronare Makroangiopathie ausgeschlossen wurde. Als führende MINOCA-Genese wurde eine Störung der Vasokonstriktion bei pathologischem ACh-Test nachgewiesen, sodass wir eine weiterführende koronarphysiologische Untersuchung standardisiert bei MINOCA und im Anschluss erst bei unauffälliger Testung eine weitere MINOCA-Diagnostik empfehlen um somit auch die Kosten der weiterführenden Diagnostik zu reduzieren.

https://dgk.org/kongress_programme/ht2023/aV383.html