Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02302-4

Anhaltende monomorphe ventrikuläre Tachykardien unter körperlicher Belastung – ein Fallbericht zur ARVC und epikardialer Ablation
A. Bohling1, H. Igelmann1, G. Kopiske1, S. Falkenburger1, K. Kronberg1, P. Halbfaß1, A. Elsässer1
1Klinik für Kardiologie, Klinikum Oldenburg AöR, Oldenburg;
Hintergrund: Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC, Prävalenz ca. 1:5000) ist eine degenerative Erkrankung des Herzmuskels, die mit einem fettig/fibrösen Umbau insbesondere der rechtsventrikulären Kardiomyozyten einhergeht. Die Erkrankung ist meist genetisch bedingt, wobei sich lediglich in ca. 60-70% der Fälle der bioptische Nachweis einer Genmutation erzielen lässt. Die ARVC ist aufgrund von gehäuft auftretenden ventrikulären Arrhythmien mit einem erhöhten Risiko für einen plötzlichen Herztod assoziiert.

Fallbericht: Wir berichten über einen 56-jährigen Sportlehrer, welcher erstmalig 2019 über Schwindel bei körperlicher Belastung geklagt hatte. Im EKG zeigten sich gehäufte VES. Der Patient war sein Leben lang sportlich hoch aktiv (Radrennen, Marathonläufe); kardiovaskuläre Risikofaktoren oder relevante Vorerkrankungen bestanden nicht. Im Dezember 2019 kam es zu einer anhaltenden, monomorphen ventrikulären Tachykardie (VT) mit 260 bpm, welche bei hämodynamischer Relevanz präklinisch kardiovertiert wurde. In der weiteren Abklärung in einem externen Krankenhaus zeigte sich eine unauffällige transthorakale Echokardiographie, koronarangiographisch konnte eine relevante KHK ausgeschlossen werden. Ein initiales Kardio-MRT wurde als unauffällig befundet. Es erfolgte eine sekundärprophylaktische VVI-ICD-Implantation bei idiopathischer Kammertachykardie. Eine Betablockermedikation wurde bei Unverträglichkeit nach 4 Wochen beendet, der Patient ging weiterhin seinen sportlichen Aktivitäten nach.
Im weiteren Verlauf kam es im Mai 2020 zu erneuten VTs unter körperlicher Belastung, auch mit adäquater ICD-Schockabgabe, woraufhin eine rechts- und linksventrikuläre endokardiale VT-Ablation durchgeführt wurde. Elektrophysiologisch konnten eine akzessorische Leitungsbahn sowie ein Brugadasyndrom ausgeschlossen werden. Die genetische Testung auf eine ARVC blieb negativ. Aufgrund erneuter VTs im Januar 2022 erfolgte eine zweite Ablation im Bereich des Trikuspidalklappenrings.
Im August 2022 kam es zu einer rhythmogenen Synkope unter Belastung aufgrund einer VT, die in Kammerflimmern degenerierte. Daraufhin wurde eine Amiodaronaufsättigung begonnen. Der Patient wurde uns zur endo- und epikardialen VT-Ablation zugewiesen. Das epikardiale Substrat zeigte sich im Bereich der gesamten freien RV-Wand (Abb. 1d) bis in den RVOT ziehend. Dieses Areal war rückblickend auch im MRT von 2019 auffällig mit regionalen Wandbewegungsstörungen (Abb 1a, diastolisch; Abb. 1b, systolisch) und Late-Gadolinium-Enhancement (Abb. 1c) im Bereich der basalen und medialen freien RV-Wand. Es konnten zwei unterschiedliche VT-Morphologien induziert werden, eine mit superiorer, und die andere mit inferiorer Achse. Beide Leitungswege im Bereich der Narbe konnten im epikardialen Map nachvollzogen werden (Abb. 1e).
Im 9-monatigen Follow-Up kam es nach komplikationsloser endo- und epikardialer Ablation zu keinen weiteren Arrhythmieereignissen.

Schlussfolgerung: Bei ARVC mit therapierefraktären VTs sollte eine epikardiale Ablation als weitere Behandlungsoption frühzeitig in Betracht gezogen werden. Patienten mit ARVC oder dem Verdacht auf eine ARVC müssen auf eine Vermeidung von körperlicher Vollbelastung hingewiesen werden. Eine erneute Analyse aller vorliegenden EKGs und bildgebenden Befunde kann Hinweise auf die Arrhythmie-Entstehung geben.


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