Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02302-4

Maßnahmen zur Prozessoptimierung in einem Hybrid-OP unter Beteiligung eines interdisziplinären Teams
A. Lingenthal1, R. Linguete1, N. Schönfelder1
1Kardiologie, TAVI-Hybrid-OP, Deutsches Herzzentrum der Charité, Berlin;
Hintergrund
Die deutsche Herzmedizin steht vor großen Herausforderungen. Die steigende Lebenserwartung der deutschen Bevölkerung führt unweigerlich zu einem höheren Bedarf an kardiovaskulären Behandlungen.1,2 Fünf der zehn häufigsten Todesursachen in Deutschland werden bereits heute den Herz-Kreislauferkrankungen zugeordnet.3
Der Operationssaal (OP), als kostenintensivste, aber auch ertragreich und entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg und somit die Zukunftssicherung des Krankenhauses.4 Die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Berufsgruppen im OP und die Schnittstellen zu anderen Bereichen machen ihn zu einer komplexen Funktionseinheit.5
Ziel dieser Untersuchung ist es Prozessabläufe zu analysieren, um die Arbeit im OP-Bereich möglichst effizient zu gestalten und Potenziale zu identifizieren, die sowohl medizinischen als auch ökonomischen Mehrwert bieten.

Methoden
1.    Datenerhebungsphase: 
Prozessvisualisierung (Flussdiagramm) und Erhebung von Zeitdaten (Anzahl Eingriffe pro Tag, Schnitt-Naht-Zeit, Start erste OP-Pünktlichkeit des morgendlichen Beginns u.s.w.)
2.    Analysephase:
Schwachstellen Identifizieren, Ursachen ermitteln
3.    Gestaltungsphase: 
Entwicklung von Lösungen, Bewertung der Lösungen mit interdisziplinären Team
4.    Implementierungsphase: 
Umsetzung und Evaluierung

In diesem Projekt wurden während eines neunwöchigen Zeitraums morgens die Gründe auftretender Verzögerungen bei der ersten Schnittzeit um 08.15 Uhr dokumentiert. Hierfür wurde ein Erfassungsbogen erstellt, der eine einfache und schnelle Dokumentation ermöglichte, um den Arbeitsablauf des Pflegeteams nicht zu beeinträchtigen. Die Gründe für Verzögerungen (z.B. fehlende Unterlagen, Patientenvorbereitung, Anästhesieverfahren, komplexe Lagerung, Verspätung des Operateurs) wurden mit Nummern erfasst. Nach neun Wochen wurden alle dokumentierten Verzögerungen ausgewertet und einer ABC-Analyse unterzogen. Diese basiert auf dem Pareto-Prinzip, wonach grundsätzlich etwa 20% der Gründe für 80% der Probleme verantwortlich sind.6

Dabei zeigten sich zwei Hauptgründe für Verzögerungen: verzögerte Patientenvorbereitung auf Station und Verzögerungen im Anästhesieverfahren. 

Abbildung 19: ABC-Analyse der morgendlichen Verzögerungsgründe7



Resultate
Flussdiagramm zur Prozessvisualisierung

Interdisziplinär wurden Lösungsansätze mit Stationsleitungen und Ärzten erarbeitet. Fünf Vorschläge wurden entwickelt, darunter Hinweise auf fehlende Unterlagen, telefonische Rücksprache mit dem Hybrid-OP, erneute Kommunikation in Teamsitzungen, zusätzliches Personal im Nachtdienst.
Die Bewertungen der Teilnehmer wurden in einer Aufwand-Nutzen-Matrix visualisiert.

(1)    Abbildung 20: Aufwand-Nutzen-Matrix der Verbesserungsideen8

Fazit

Effiziente OP-Prozesse sind erstrebenswert für Krankenhaus, Mitarbeiter und Patienten. Verzögerungen führen zu Problemen in der Programmplanung und vermindern die Saalauslastung. Sie können auch den Patienten verunsichern. Ein reibungsloser Behandlungsprozess trägt zur Patientenzufriedenheit bei und ist langfristig vorteilhaft für das Krankenhaus, da Patienten ihre Erfahrungen, heute mehr denn je, teilen können.

Das gemeinsame Ziel sind stabile Prozesse, die die Bedürfnisse des Patienten berücksichtigen. Eine Evaluation der Vorschläge wird erwogen, um Transparenz zu gewährleisten und den Nutzen zu beobachten, um eine optimale Versorgung sicherzustellen.

    1Vgl. Deutsche Herzstiftung e. V. (2021), S. 30; Statistisches Bundesamt (2021), S. 14ff.
    2In der folgenden Arbeit wird aus Gründen der Lesbarkeit stets die männliche Form verwendet. Sie schließt jedoch stets Personen aller Geschlechter mit ein.
    3Vgl. Deutsche Herzstiftung e. V. (2021), S. 28f.
    4Vgl. Klockgether-Radke, A. / Bauer, M. (2015), S. 440.
    5Vgl. Welk, I. (2006), S. 140ff.
    6Vgl. Klimmer, M. (2020), S. 308f.
    7Quelle: eigene Berechnung. Prozentwerte gerundet. Daten siehe Anhang 4.
    8Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Hofmann, M. (2020), S. 106.


https://dgk.org/kongress_programme/ht2023/aP591.html