Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02302-4

Usability-Test einer patientenorientierten Selbstmanagement-App für Patienten mit Herzinsuffizienz
B. Steiner1, J. J. Boyne2, N. D. Dinesh Kanna3, L. Hill4, M. Murphy5, M. Verket3, A. McNulty4, C. McCune6, L. J. Dixon6, C. Mulhall5, M. Barrett5, T. Hoedemakers7, T. M. Helms1, H.-P. Brunner-La Rocca8, B. Zippel-Schultz1, für die Studiengruppe: PASSION-HF
1Deutsche Stiftung für chronisch Kranke, Berlin; 2Department of Health Services Research, Maastricht University, Maastricht, NL; 3Med. Klinik I - Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen; 4School of Nursing and Midwifery, Queen’s University Belfast, Belfast, UK; 5Department of Cardiology, St Vincent’s University Hospital, Dublin, IE; 6Belfast Health and Social Care Trust, Belfast City Hospital, Belfast, UK; 7Sananet Care B.V., AL Sittard, NL; 8Cardiology Department, Maastricht University Medical Centre+, Maastricht, NL;
Hintergrund: Für eine optimale Therapie der Herzinsuffizienz (HI) ist ein adäquates Selbstmanagement der Betroffenen unerlässlich. eHealth-Apps haben das Potential, das Patienten-Empowerment zu stärken, Selbstmanagementfähigkeiten zu verbessern und vorhandene Ressourcen des Gesundheitswesens besser zu nutzen. Das Nutzererlebnis und die technologische Adhärenz sind dabei entscheidene Faktoren einer langfristigen Anwendung im intendierten Sinne, z. B. Einhaltung der leitliniengerechten Therapie. Dieser Usability-Test (UT) soll dazu beitragen, die Entwicklung von Selbstmanagement-Apps zu fördern, die auf individuelle, medizinische und technische Anforderungen bzw. Bedarfe von HI-Patienten angepasst sind.

Methodik: Der UT wurde an vier Standorten in Europa durchgeführt (Aachen, Belfast, Dublin, Maastricht), um die Benutzerfreundlichkeit einer eHealth-App zum Monitoring von HI-Symptomen, zur Patientenschulung und zur telemedizinischen Begleitung zu evaluieren. Hierzu erhielten die Teilnehmer neun Aufgaben: (1) Login, (2) Anpassung der Schriftgröße, (3) Öffnen einen online Kurses, (4) Senden einer Nachricht an das Klinikpersonal, (5) Festlegung eines Therapieziels, (6) Anfordern einer telemedizinischen Beratung, (7) Öffnen des Benutzerhandbuchs, (8) Support kontaktieren und (9) Logout. Um das Nutzungsverhalten besser zu verstehen, wurde die Thinking-Aloud-Methode verwendet.

Ergebnisse: Insgesamt schlossen 34 männliche (66,1±12,8 Jahre) und 8 weibliche (58,6±18 Jahre) HI-Patienten den UT ab. Die durschnittliche Dauer betrug 27 Minuten. Login und Logout, das Einstellen der Schriftgröße und das Versendern einer Nachricht gehörten zu den einfachen, schnell lösbaren Aufgaben (Standardfunktionen). Schwieriger waren das Festlegen eines Therapieziels, das Anfordern einer telemedizinischen Beratung und das Öffnen des Benutzerhandbuchs (spezifische Funktionen). Patienten, die bereits erfahrener und sicherer im Umgang mit mobilen Geräten waren, lösten für sie neue Aufgaben durch einfaches ausprobieren. Patienten mit weniger digitalen Vorkenntnissen konnten derartige Aufgaben nur mit Hilfe und Ermutigungen zum Ausprobieren lösen. Schwierigkeiten traten i.d.R. auf, weil der Funktionsumfang oder die intendierte Anwendung einzelnern Funktionen nicht genug beschrieben waren, wie z. B. die telemedizinisch Beratung durch regelmäßige CheckUps. Das Nutzungsverhalten wurde zudem negativ durch lange Ladezeiten sowie missverständliche Icons und Funktionsbezeichnungen beeinflusst. Ergänzend wünschten sich die Teilnehmer mehr Schulungskurse, ein Wiki zu spezifischen HI-Themen, z. B. Blutdruckmessung, sowie eine integrierte Medikamentenliste, die mit dem behandelnden Arzt geteilt werden kann.

Fazit: Das Nutzererlebnis hängt stark von den individuellen (technischen) Kompetenzen ab und ist unabhängig vom Alter. Zentrale Aspekte, die das künftige Engagement maximieren können sind zum einen technische Aspekte, die in der Verantwortung der Entwickler liegen, und zum anderen soziale Aspekte, die die Aufklärung und Schulung der Patienten erfordern. Die aufgezeigten Aspekte sind nicht nur auf die analysierte App und dessen Weiterentwicklung anwendbar, sondern auch auf ähnliche Selbstmanagement-Apps. So können die gesammelten Nutzererfahrungen, eine gezielte Nutzerunterstützung und Co-Creation-Prozesse mit den Stakeholdern zu einer patientenorientierten und nachhaltigen Entwicklung sowie Nutzung von Selbstmanagement-Apps beitragen und damit die Therapietreue erhöhen.

https://dgk.org/kongress_programme/ht2023/aP581.html