Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02302-4

Insulin Resistenz beim Takotsubo Syndrom
N. Elsous1, B. Bruns1, M. Joos2, H. A. Katus1, N. Frey1, J. Backs2, B. Meder1
1Klinik für Innere Med. III, Kardiologie, Angiologie u. Pneumologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg; 2Innere Medizin VIII, Institut für Experimentelle Kardiologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg;

Hintergrund: Das Takotsubo Syndrom (TTS) ist charakterisiert durch eine plötzlich auftretende reversible akute Herzinsuffizienz. Die pathophysiologischen Mechanismen sind bislang unzureichend erforscht. In Studien konnte gezeigt werden, dass die Prognose der betroffenen Patienten jedoch deutlich schlechter ist als initial angenommen. Daher ist eine adäquate Risikostratifizierung von großer klinischer Relevanz. In dieser retrospektiven Single-Center Analyse untersuchten wir die Rolle der initialen Plasma Glukose als potentiellen Outcome-relevanten Prädiktor.

 

Methoden und Ergebnisse: Basierend auf den InterTAK Diagnosekriterien des TTS wurden in der Abteilung für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am Universitätsklinikum Heidelberg im Zeitraum von Mai 2011 bis Mai 2021 retrospektiv n = 265 TTS-Patienten mit dokumentiertem initialem Plasmaglukosespiegel analysiert. Patienten mit Diabetes (n = 40) wurden von der Studie ausgeschlossen und es erfolgte ein Median-Split der TTS-Studienpopulation anhand der Glukosewerte (≤ 123 mg/dl vs. > 123 mg/dl). Hier zeigte sich eine signifikante Erhöhung von Herzfrequenz (HF, 80,75 ± 18,96 vs. 90,01 ± 22,19, p < 0,001), C-reaktivem Protein (CRP, 26,14 ± 43,30 vs. 46,4 ± 68,6, p = 0,006), Leukozytenzahl (L, 10,12 ± 4,29 vs. 15,05 ± 9,83, p < 0,001), hochsensitivem Troponin T (hs-TnT, 515,44 ± 672,15 vs. 711,40 ± 736,37, p = 0,005) und linksventrikulärem enddiastolischem Druck (LVEDP, 18,51 ± 8,35 vs. 23,09 ± 7,97, p < 0,001) sowie eine reduzierte linksventrikuläre Ejektionsfraktion (EF, 34,92 ± 8,94 vs. 31,35 ± 8,06, p < 0,001) in der Patientengruppe mit einer Glucose > 123 mg/dl. 

Im multiplen linearen Regressionsmodell aus den Variablen Alter, Geschlecht, hs-TnT bei Aufnahme, CRP, Plasmaglukose, Leukozyten, Hämoglobin, TSH sowie Kreatinin war die Höhe der Plasmaglukose assoziiert mit HF (β=0,091, p<0,001), LVEDP (β=0,029, p=0,014), hs-TnT-Anstieg von der Aufnahme bis zum nächsten Tag (β=2,532, p<0,001), sowie mit dem hs-TnT Maximum (β=2,150, p=<0,001) assoziiert. Die logistische Regression zeigte eine Assoziation der Höhe des Plasmaglukosespiegels (OR 1,010 (95% CI, 1,004-1,015), p=0,001) zum kombinierten klinischen Endpunkt aus Katecholaminbedarf, respiratorischer Insuffizienz mit NIV oder Intubationsnotwendigkeit, Reanimation und Tod. Basierend auf diesen Beobachtungen untersuchten wir den Einfluss von Insulin und Glucose in einem Epinephrin-induzierten Mausmodell des TTS (EPI). Hier verbesserte sowohl eine therapeutische Insulin-Gabe (EPI+INS) wie auch eine Glucose Gabe (EPI+GLU) nicht nur die Herzinsuffizienz (EF (%): EPI 34,7 ± 9,6; EPI+INS 51,3 ± 5,2; EPI+GLU 39,8 ± 8,3; MW±SEM, EPI vs. EPI+INS p=0,029 und EPI vs. EPI+GLU p=0,047, paired T-Test, n=3/Gruppe), sondern senkte auch das hs-TnT im Plasma der Mäuse signifikant (hs-TnT (pg/ml): EPI 19392 ± 2268; EPI+INS 2648 ± 973; EPI+GLU 4670 ± 3757; MW±SEM, EPI vs. EPI+INS p=0,003, EPI vs. EPI+GLU p=0,007, ANOVA (Tukey)), was zusätzlich mit einer reduzierten myokardialen Zytokinexpression einherging.

 

Schlussfolgerung: Eine erhöhte initiale Plasmaglukose ist bei TTS-Patienten ohne Diabetes mit einem schlechteren Outcome assoziiert. Im Mausmodell verbessert sowohl die Insulin- wie auch die Glucose Gabe Myokardschaden und Herzinsuffizienz, was auf eine Insulinresistenz ohne negativen Einfluss durch die Glucose per se hinweist.


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