Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02087-y

Verbessert die Etablierung eines „Cardiac Arrest Centers“ in einem großen kommunalen Klinikum die Prognose/ das Outcome der reanimierten Patientinnen und Patienten?
C. A. Vierling1, P. Reil1, S. Steger2, K. Seidl1
1Medizinische Klinik I, Klinikum Ingolstadt GmbH, Ingolstadt; 2Klinik für Akut- und Notfallmedizin, Klinikum Ingolstadt GmbH, Ingolstadt;
Einleitung: Der außerklinische Herz-Kreislauf-Stillstand (OHCA) gilt als eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Bei jährlich ca. 275 000 Fällen in Europa liegt die durchschnittliche Überlebensrate bei 10%. Neben lebensrettenden Erstmaßnahmen spielt auch die innerklinische Weiterversorgung eine wichtige Rolle für Überleben und Outcome der reanimierten Patientinnen und Patienten:  Daher erfolgt seit 2018 durch den Deutschen Rat für Wiederbelebung die Zertifizierung spezieller Kliniken zu sogenannten „Cardiac Arrest Centern“ (CACs). Derzeit existieren deutschlandweit über 85 dieser Zentren, in denen durch spezielle Klinikstruktur, Behandlungsalgorithmen und standardisierte Dokumentation und Evaluation eine bestmögliche Weiterversorgung garantiert werden soll.  Neben Universitätskrankenhäusern und Spezialkliniken hat das Klinikum Ingolstadt als eines von wenigen kommunalen Häusern bisher diese Zertifizierung erhalten. 
Ziel dieser Studie war es, darzulegen, ob die Etablierung eines solchen Reanimationszentrums in einem kommunalen Klinikum der Maximalversorgung einen Überlebensvorteil für reanimierte Patientinnen und Patienten bewirken kann. 
 
Methodik: In diese retrospektive Beobachtungsstudie eingeschlossen wurden alle außerklinisch reanimierten Patientinnen und Patienten, die im Zeitraum 01.01.2018 bis 31.12.2021 zur Weiterversorgung ins Klinikum Ingolstadt transportiert wurden. Dabei handelt es sich um 212 Fälle in den Jahren 2018 und 2019 vor der Etablierung des CACs, während im CAC in den Jahren 2020 und 2021 die Daten von 122 Patientinnen und Patienten erfasst wurden. Es erfolgte die statistische Auswertung anonymisierter Daten zu Outcome und Mortalität. Weitere Parameter dieser Studie stellten unter anderem die Ursache des Herz-Kreislauf-Stillstands, die Patientencharakteristik mit Vorerkrankungen, sowie innerklinische Maßnahmen und Diagnostik dar.
 
Ergebnisse: Unter den Datensätzen „Klinik mit CAC“ und „Klinik ohne CAC“ zeigte sich ein vergleichbares Patientenkollektiv in Bezug auf das Durchschnittsalter (CAC: 65,3 vs. ohne CAC: 63,9), die Geschlechterverteilung (CAC weiblich: 25% vs. ohne CAC weiblich: 32%) und kardiale Vorerkrankungen (CAC: 40% vs. ohne CAC: 37%). Die ins CAC aufgenommenen Patientinnen und Patienten erlitten zu 65% einen Kreislaufstillstand kardialer Genese, es erfolgte in 61% der Fälle eine Herzkatheter-Untersuchung, 69% davon mit perkutaner koronarer Intervention (PCI). Vor der Etablierung des CAC war die Ursache des OHCA zu 49% kardial, bei einer 46%igen Rate an Herzkatheter-Untersuchungen erfolgte zu 57% eine PCI. Ein Temperaturmanagement (TTM) fand im CAC bei 46% der Klinikaufnahmen statt, ohne CAC in 25% der Fälle. In der Notaufnahme verstarben im CAC 19% der Patienten, ohne CAC 24%. Bei unverändertem 24-h-Überleben (CAC: 62% vs. Klinik ohne CAC 62%) konnten aus dem CAC 35% der reanimierten Patientinnen und Patienten entlassen werden, aus der normalen Klinik 31%. 

Schlussfolgerung:
Trotz nach wie vor niedriger Überlebensrate nach OHCA bewirkt die Etablierung eines CAC am Klinikum Ingolstadt einen Prognosevorteil von 4%. Außerdem wurde durch das CAC ein strukturierteres innerklinisches Vorgehen möglich, was z.B. die doppelt so häufige Anwendung des TTM zeigt. Das 30-Tage-Überleben lässt sich in dieser Studie aufgrund mangelnder Datenlage in der Zeit vor dem CAC nur begrenzt beurteilen. 
Schlüsselwörter: außerklinischer Herzkreislaufstillstand, Cardiac Arrest Center, post-Reanimationsbehandlung, TTM, PCI
 

https://dgk.org/kongress_programme/ht2022/aP763.html