Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02087-y |
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Primäre und sekundäre Herzinsuffizienzversorgung im europäischen Vergleich | ||
B. Steiner1, A. Neumann1, Y. Pelz1, K. Windle2, C. F. Ski2, L. Hill3, D. R. Thompson3, D. Fitzsimons3, L. J. Dixon4, J. Brandts5, D. Müller-Wieland6, K. Schuett5, C. Eurlings7, J. J. Boyne8, A. Gingele8, M. Murphy9, E. Furtado Da Luz Brzychcyk9, M. Barrett9, T. Hoedemakers10, H.-P. Brunner La-Rocca8, T. M. Helms1, B. Zippel-Schultz1, für die Studiengruppe: PASSION-HF | ||
1Deutsche Stiftung für chronisch Kranke, Berlin; 2University of Suffolk, Suffolk, UK; 3Queen's University Belfast, Belfast, UK; 4Belfast City Hospital, Belfast Health and Social Care Trust, Belfast, UK; 5Uniklinik RWTH Aachen, Aachen; 6Med. Klinik I - Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen; 7Cardiology Department, Laurentius Krankenhaus, Roermond, NL; 8Maastricht University Medical Centre, Maastricht, NL; 9Catherine McAuley Education & Research Centre, University College of Dublin, Dublin, IE; 10Sananet Care B.V., Sittard, NL; | ||
Hintergrund: Herzinsuffizienz (HI) zählt weltweit zu den häufigsten chronischen Erkrankungen [1]. In Nordwesteuropa sind ca. 3,6 Mio. Menschen betroffen [2]. Diagnose und Behandlung der HI sind komplex, zeitaufwendig und kostspielig [3,4]. In Europa existieren verschiedene, länderspezifische Versorgungsstrukturen. Ein Vergleich der Konzepte vier europäischer Länder soll Aufschluss darüber geben, wie diese auf die Herausforderungen der HI-Versorgung reagieren und voneinander lernen können. Methodik: Von Januar bis Dezember 2021 wurde eine umfassende Analyse der Kern- und Fachliteratur durchgeführt. Dabei wurden Informationen zur Primär- und Sekundärversorgung von HI-Patienten in Deutschland (DEU), Irland (IRL), den Niederlanden (NLD) und dem Vereinigten Königreich (UK) identifiziert. Ergänzt wurde dies durch eine länderübergreifende Patientenbefragung (n=49), die im Rahmen des PASSION-HF-Projekts (Interreg-NWE 702) stattfand [5]. Zudem wurden halbstrukturierte Interviews mit interdisziplinären Experten geführt. Ergebnisse: In IRL, UK und NLD wird die Primärversorgung überwiegend ambulant durch Allgemeinmediziner erbracht (Gatekeeper). Eine spezialfachärztliche Versorgung erfolgt nach Überweisung. Dies führt zu einer effizienten Nutzung kardiologischer Ressourcen, birgt aber das Risiko einer verzögerten fachärztlichen Behandlung. In DEU wenden sich Patienten i.d.R. erst an den Hausarzt, können aber auch direkt den Facharzt aufsuchen. Informationslücken und ein hoher Ressourcenverbrauch können die Folge sein. Alle untersuchten Länder verzeichnen lange Wartezeiten für spezialfachärztliche Behandlungen, insb. IRL und UK. Während in IRL, UK und NLD die spezialfachärztliche Versorgung fast ausschließlich in Krankenhäusern erfolgt, sind eine große Anzahl der deutschen Fachärzte niedergelassen. In IRL, UK und NLD sind HI-Nurses i.d.R. die erste Anlaufstelle für Patienten, überwachen den Krankheitsverlauf und tragen zu einem besseren Selbstmanagement bei. Trotz existierender Fortbildungscurricula, die u.a. Delegationsmöglichkeiten an nichtärztliches Personal, wie MFAs, eröffnen, konnten in DEU bisher derartige Strukturen nicht erfolgreich etabliert werden [6]. Zugang und Dichte der Versorgungsangebote variieren in IRL, DEU und Teilen des UK stark zwischen urbanen und ruralen Regionen. Während DEU dennoch ein hohes Versorgungsniveau erreicht, führt dies in IRL zu einem Qualitätsgefälle. Seit 2019 liegt in DEU eine evidenzbasierte Empfehlung für die HI-Behandlung vor. Ungeachtet dessen zeigen sich alters- und geschlechtsspezifische Versorgungsunterschiede. Versuche, mit einem DMP-HI die strukturierte Versorgung zu stärken, sind bisher gescheitert. Gleiches gilt für die Pläne ein strukturiertes HI-Versorgungsprogramm in IRL aufzubauen. Fazit: HI führt in den untersuchten Ländern zur erheblichen gesellschaftlichen und finanziellen Belastung. Zwar existieren vielversprechende Ansätze, um die Versorgung zu strukturieren und zu verbessern, allerdings erfolgt die Umsetzung meist zögerlich und uneinheitlich. Eine unzureichende Digitalisierung und mangelnde finanzielle Mittel erschweren die Etablierung neuer Konzepte. Insb. die Integration von HI-Nurses scheint ein probates Mittel zur Verbesserung der Versorgungssituation zu sein. Digitale Lösungen bieten eine weitere Chance, Kommunikations- und Koordinationsbrüche zu überwinden und die Selbstmanagementkompetenzen zu stärken, um vorhandene Ressourcen gezielt und effizient zu nutzen. |
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https://dgk.org/kongress_programme/ht2022/aP762.html |