Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02087-y |
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Rezidivierendes Purkinje-Extrasystolie-getriggertes Kammerflimmern ohne Detektion durch implantierten Loop-Recorder | ||
F. Steinborn1, N. Klöppner1, W. M. Elsayed1, M. Chapran1, J. Geweiler1, A. Lauten2, A. Schade3 | ||
1Kardiologie & Internistische Intensivmedizin, Helios-Klinikum Erfurt, Erfurt; 2Allgemeine und Interventionelle Kardiologie und Rhythmologie, Helios-Klinikum Erfurt, Erfurt; 3Abteilung für Rhythmologie und Invasive Elektrophysiologie, Helios-Klinikum Erfurt, Erfurt; | ||
Einführung:
Die Implantation eines Loop Recorders ist indiziert bei Patienten mit Synkope und Hochrisikokriterien und fehlender sonstiger Indikation für eine Schrittmacher- oder primärprophylaktische ICD-Therapie (Klasse 1A Empfehlung).
Klinischer Fall:
40jährige ärztliche Kollegin, 2 Kinder, wochentags alleinerziehend. 01/22 neurologische Aufnahme mit „transienter globaler Amnesie mit Desorientiertheit“. Bei DD rhythmogene Synkope kardiologisches Konsil. Sie verspüre seit 3. SARS-Cov2-Impfung Extrasystolen, die sie zuvor nie verspürt habe. TTE unauffällig, TNT 0,046µg/l (Norm <0,014). Im LZ-EKG 300 VES (Bild 1). MRT: kein Hinweis auf Myokarditis.
21.2.22: Synkope ohne Prodromi, ILR-Implantation mit Homemonitoring (Biomonitor III, Biotronik). Im Folgemonat mehrfache Rückfrage der Patn. bezüglich dokumentierter Ereignisse, da Präsynkopen aufgetreten waren: keine Ereignisse im ILR.
26.03.22: Kollaps beim Notarztdienst in Rettungswache, CPR, im AED primär Kammerflimmern (KF) und entsprechend Defibrillation. Im ILR zunächst nur Sinustachykardien nachweisbar. Am Aufnahmetag erneutes zweimaliges selbstlimitierendes KF an Überwachung und im LZ-EKG (R auf T-Phänomen durch a.e. Purkinje-VES) (Bild 2), auch diese wurden im ILR nicht dokumentiert. Im Verlauf S-ICD-Implantation, Beginn Verapamil p.o., psychokardiologische Mitbetreuung und Veranlassung einer genetischen Diagnostik.
Bild 1:
Bild 2: KF in Telemetrie
Technische Aufarbeitung:
Zur Erhöhung der Spezifität werden zur Vermeidung von Fehlwahrnehmungen infolge von Interferenzen Filteralgorithmen angewandt:
1. Low Signal Noise, LSN: Signale <44µV werden nicht wahrgenommen. Signale zwischen 44 und 88µV werden als LSN eingestuft und somit verworfen, da nicht „vertrauenswürdig“.
2. High Frequency Noise: „Nicht vertrauenswürdig, weil zu schnell“: Nach Wahrnehmung eines Signals Start einer DHP (Detection Hold-off Period) von 180ms sowie Interferenzintervall von 100ms, innerhalb derer Signale ignoriert oder das DHP durch wiederholt gestartete Interferenzintervalle effektiv verlängert und somit die Zahl wahrgenommener Signale reduziert wird.
Minimales DHP-Fenster 180ms, daher max. VT/VF-Detektionsrate 333/min. Die Programmierung war HVR 160, 16 Intervalle.
Niederamplitudiges, hochfrequentes Kammerflimmern kann somit vom System als „Noise“ fehlinterpretiert und verworfen werden (s. Bild 3).
Bild 3: Anwendung des Algorithmus auf obige Episode:
Resultierende Programmierempfehlungen bei V.a. rhythmogene Synkope:
Voraussetzung: gute Signalamplitude (mind. 0,4mV)
- Programmierung der T-Wellenunterdrückung
- Anpassung des Hochpassfilters auf 4,5Hz (Standard 10Hz)
- Programmierung des Detektionszählers auf 8 (Standard 16), Detektion auch kürzerer Episoden
- Detektionsfrequenz oberhalb max. Sinusfrequenz (HVR ≥180/min), sonst geringere Spezifität durch zahlreiche falsch-positive Fehldetektionen
- Verwendung Patientenaktivator zur Rhythmusdokumentation bei klinischer Symptomatik durch den Patienten selbst (filterfreie Aufzeichnung 7min retrospektiv).
Zusammenfassung:
Der Biomonitor III ist nicht geeignet, VT/VF mit höherer Frequenz als 333/min zu detektieren. Die Interferenzfilter-Algorithmen erschweren die Detektion von Torsade de point-Tachykardien und KF. Im Falle vermuteter rhythmogener Synkopen und Präsynkopen sollten die Detektionsalgorithmen entsprechend angepasst und ein Patientenaktivator mitgegeben werden. Wie sich die neue Programmierempfehlung auswirkt, bleibt zu evaluieren.
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https://dgk.org/kongress_programme/ht2022/aP738.html |