Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02087-y

Nutzen von etablierten kardiovaskulären Risikoscores zur Abschätzung von Komplikationen nach Explantation eines temporären perkutanen linksventrikulären Unterstützungssystems (IMPELLA)
A. Brauckmann1, D. Jain1, L. Griesinger1, S. Keil1, T. Agdirlioglu1, J. Weil1
1Kardiologie, Sana-Kliniken Lübeck GmbH, Lübeck;
Hintergrund/Zielsetzung: Perkutane linksventrikuläre Unterstützungssysteme dienen der Sicherstellung einer periprozeduralen hämodynamischen Stabilität, der Reduktion potenzieller periinterventioneller Komplikationen und damit dem Erreichen einer vollständigen Revaskularisation relevanter Koronarstenosen mittels perkutaner Interventionen (PCI). Auch werden sie beim Vorliegen eines kardiogenen Schocks zur Rekompensation und Kreislaufstabilisierung eingesetzt. Zur Implantation dieser Systeme wird ein großlumiger Zugang in der A. femoralis benötigt (12-14F), was ein erhöhtes Risiko für Blutungen und vaskuläre Komplikationen nach der Explantation darstellt. Ziel dieser Arbeit ist es herauszufinden, ob man mithilfe von bereits etablierten kardiovaskulären Risikoscores wie dem EuroSCORE II (Risikoabschätzung der Mortalität bei einer Bypass-OP) und dem PRECISEDAPT (Abschätzung des Blutungsrisikos nach 12-monatiger dualer Plättchenhemmung nach Stent-Implantation) Vorhersagen über das Komplikationsrisiko nach Explantation perkutaner kardialer Unterstützungssysteme treffen kann.

Methoden:
Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurden die Daten von 79 Patienten erfasst (19% kardiogener Schock, 81% geschützte PCI), welche im Zeitraum 2016 bis 2020 eine Intervention mit einer IMPELLA 2.5 oder CP erhalten haben. Es erfolgte die Einteilung in zwei Gruppen: (A) ohne postprozedurale oder mit Minor-Komplikationen und (B) mit Major-Komplikationen. Als Major-Komplikationen wurden ein retroperitoneales Hämatom, hämorrhagischer/kardiogener Schock, chirurgischer Zweiteingriff, Bluttransfusion, ipsilaterale Ischämie und Tod gewertet, als Minor-Komplikationen Hämatom >5cm2, arterio-venöse Fistel, Aneurysma spurium sowie Entzündung der Punktionsstelle. Neben Basis- und eingriffsbezogenen Daten wurden die nötigen Parameter zur Auswertung der Scores erhoben. Diese wurden mithilfe des jeweiligen web calculators berechnet. Zusätzlich wurde der präinterventionelle Hämoglobin (Hb)-Wert bestimmt. Die Ergebnisse wurden statistisch geprüft und werden als Mittelwert±Standardabweichung angegeben. Es wurde ein Signifikanzniveau von p<0,05 festgelegt. 

Ergebnisse:
Von den 79 Patienten (82% männlich und 18% weiblich), wiesen insgesamt 20 Patienten (25,3%) postprozedurale Komplikationen auf. 15 Patienten hatten eine Major-Komplikation (19%), 5 Patienten hatten eine Minor-Komplikation (6,3%). Das mittlere Patientenalter betrug 70,3±10,4 Jahre und der durchschnittliche BMI lag bei 27,9±4,38kg/m2. Die Patienten unterschieden sich hinsichtlich der Basisdaten nicht signifikant. In der Gruppe A betrug der präinterventionelle EuroScore II 5,41±5,98%, während in Gruppe B dieser Wert signifikant höher mit 12,9±16,9% ausfiel (p=0,017). Auch der präprozedurale PRECISEDAPT Score war signifikant unterschiedlich zwischen den beiden Gruppen (A: 24±12,8, B: 33,6±14,6; p=0,027). In der Gruppe mit Komplikationen fiel ein signifikant niedrigerer präinterventioneller Hb-Wert auf (A: 13,3±2,1mg/dl, B: 11,5±2,6mg/dl; p=0,007). 

Schlussfolgerung:
Schwerwiegende Komplikationen nach Entfernung der IMPELLA sind nicht selten. Durch etablierte Risikoscores (Euro Score II und PRECISEDAPT) lässt sich eine Vorhersage und damit eine Risikostratifizierung und bei Patienten mit IMPELLA-Anlage treffen. Daher sollten diese Scores in die Therapieentscheidung miteinbezogen werden.
 

https://dgk.org/kongress_programme/ht2022/aP724.html