Clin Res Cardiol (2021). 10.1007/s00392-021-01933-9

Sven-Effert-Abstract-Preis (2. Platz):
Deep Learning Netzwerke zur automatisierten Diagnosestellung und Prognoseabschätzung bei Pulmonaler Hypertonie: Ergebnisse einer bizentrische Studie

M. L. Benesch Vidal1, A. Kempny2, S. J. Wort2, A. J. Fischer1, S. Orwat1, H. Baumgartner1, M. Gatzoulis2, G. P. Diller1
1Klinik für Kardiologie III: Angeborene (EMAH) und Herzklappenfehler, Universitätsklinikum Münster, Münster; 2Royal Brompton Hospital, London, UK;

Hintergrund: Pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) ist ein komplexes Krankheitsbild mit hoher Morbidität und Mortalität. Eine frühzeitige Diagnosestellung ist unabdingbar. Die transthorakale Echokardiographie (TTE) stellt die zentrale Screening-Untersuchung dar, und erfordert entsprechende Erfahrung durch den Untersucher. Wir untersuchten die Hypothese, dass Deep-Learning (DL) Netzwerke eine korrekte Diagnosestellung, sowie wesentliche prognostische Informationen vergleichbar mit der einer umfassenden Experteneinschätzung liefern könnten.

 

Methoden: Die Studie schloss eine Kohorte von Patienten mit PAH, rechtsventrikulärer (RV) Dilatation (Fallot’scher Tetralogie TOF, Vorhofseptumdefekten ASD) und gesunde Kontrollen ein. Ein Ensemble von DL Netzwerken integriert in ein singuläres Netzwerk wurde auf die Erkennung der PAH mittels apikaler und parasternaler TTE-Bilddaten, sowie trikuspidaler Regurgitationsgradienten (TRGs) trainiert. Zusätzlich wurde ein U-Net-DL Framework zur automatischen Segmentierung und Determinierung geometrischer und dynamischer Parameter über den Herzzyklus hinweg trainiert. Die prognostische Aussagekraft der quantifizierten Kammerdimensionen und Funktionsparameter wurde im Rahmen einer Cox-Regressionsanalyse untersucht.

 

Ergebnisse: Insgesamt wurden 450 Patienten mit PAH (mittleres Alter 59 Jahre, 74% weiblich; 34% idiopathische PAH, 66% assoziierte PAH), 308 Patienten mit RV Dilatation (201 TOF und 107 ASD (mittleres Alter 41 Jahre, 81% weiblich) und 67 gesunde Kontrollen (mittleres Alter 49 Jahre) in die Studie eingeschlossen. Lediglich 84% der Patienten mit PAH wiesen verwendbare TRG-Messungen auf und die Sensitivität der korrekten Diagnosestellung allein durch TRG-Messungen (geschätzter systolischer RV-Druck >40mmHg) lag bei nur 68,6%. 

Das DL-Ensemble wurden anhand von 53.832 Einzel-Bilddaten (Frames) trainiert und anhand von 26.474 Frames validiert. Die Genauigkeit (Accuracy) der korrekten Diagnosestellung pro Frame lag bei 95,0%. In dem Validierungsdatensatz wurden alle Patienten mit PAH korrekt identifiziert und lediglich 2 Patienten mit einer RV Dilatation und schlechter Bildqualität durch das Ensemble fälschlicherweise der PAH-Kohorte zugeordnet. Dies resultiert in einer Gesamtgenauigkeit von 97,0% und einer Sensitivität der PAH-Detektion von 100%. 

 

In der univariaten Cox-Regression wiesen die automatisch determinierten Parameter, u.a. rechtsatriale (RA) Fläche, rechtsventrikuläre (RV) Fläche, RV fractional area change (FAC) und linksventrikulärer (LV) Exzentrizitätsindex (p<0,001 für alle), einen signifikanten Zusammenhang zur Mortalität auf. In der multivariaten Analyse zeigten sich die DL-basierten RV FAC (HR 0,96/%, p<0,001) und RA Fläche (HR 1,032/cm2, p=0,003) als unabhängige Endpunkt-Prädiktoren. Die prognostische Aussagekraft der automatisch generierten Parameter war dabei derer traditioneller Untersuchungen durch zentrumsbasierte Echountersucher nicht unterlegen (p>0,05 in allen Konkordanz-Korrelationsanalysen).

 

Schlussfolgerungen: Die hier präsentierte Studie unterstreicht die Möglichkeiten DL-basierter künstlicher neuronaler Netzwerke in der automatisierten Diagnosestellung und Prognoseabschätzung von PAH-Patienten. Aufgrund der automatisierten Prozesse haben diese Ensembles darüber hinaus das Potential unerfahrene Kollegen zu unterstützen und weisen dabei schon in diesem frühen Stadium der Entwicklung eine mit erfahrenen Kardiologen vergleichbare Qualität auf. 


https://dgk.org/kongress_programme/ht2021/P963.htm