Clin Res Cardiol (2021). 10.1007/s00392-021-01933-9

Dual left anterior descending coronary artery (Typ IV): eine sehr seltene Koronaranomlie diagnostiziert mittels MSCT
J. Schwab1, M. Misu2, M. Städt2, K. Fessele1, M. Lell2, M. Pauschinger1
1Klinik für Innere Medizin 8, Schwerpunkt Kardiologie, Universitätsklinik der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, Nürnberg; 2Paracelsus Medizinische Privatuniversität Nürnberg, Institut für Radiologie und Nuklearmedizin, Nürnberg;

Case:

Wir berichten über einen 54-jährigen Patienten, der sich wegen bewegungsabhängigen thorakalen Schmerzen zur weiteren kardiologischen Abklärung vorstellte. Anamnestisch Nikotinabusus und positive Familienanamnese bzgl. einer KHK. Nebenbefundlich leidet der Pat. an einem Asthma bronchiale unter antiobstruktiver Therapie. In der körperlichen Untersuchung (Größe: 168 cm, Gewicht: 65 kg) fand sich ein unauffälliger Herz-Lungen-Befund (HF 70 bpm, RR 114/71 mmHg). Im Labor unauffällige Herzenzyme mit echokardiographisch durchgängig Sinusrhythmus mit unauffälligen Überleitungszeiten bzw. Endstrecken ohne Extrasystolie. Echokardiographisch zeigte sich ein normgroßer, nicht hypertrophierter LV mit erhaltener Pumpfunktion von 64 % ohne Wandbewegungsstörungen. Im ergänzend durchgeführten Kardio-CT (Siemens SOMATOM Force) kein Nachweis eines koronaren Plaquebesatzes mit Agatston-Score von 0. In der CTA zeigte sich eine  Koronaranomalie im Sinne einer „dual left anterior descending coronary artery“ vom Typ IV. Neben der anatomisch normal verlaufenden LAD 1 aus dem linkskoronaren Sinus fand sich eine zweite LAD 2, proximal aus der RCA abgehend, die anterior vor dem RVOT bis zur Herzspitze verläuft (Abb. A-E). Unauffällig konfigurierte Aorta ascendens ohne Dissektionsmembran. In der ergänzenden Myokardszintigraphie konnte eine Myokardischämie bei obiger Koronaranomalie ausgeschlossen werden.

Zusammenfassung:

Die Erstbeschreibung dieser sehr seltenen Koronaranomalie erfolgte 1939 von Waterson et al. (1) und wird in nur 1,8 % der Patienten mit kongenitalen Koronaranomalien beobachtet. Spindola-Franco et al. (2) hat 1983 diese Koronaranomalie in 4 Subtypen klassifiziert. Bei dem Typ IV handelt es sich um eine kurze LAD 1, die regulär vom linkskoronarem Sinus abgeht, ca. bis zur Mitte des anterioren interventrikularen Sulcus (AVIS) reicht und im Sinne eines Koronarabbruches bzw. Verschlusses imponiert. Sie erreicht nicht den Apex, währenddessen eine zweite lange LAD 2, abgehend aus der proximalen RCA, anterior vor dem RVOT bis zur Herzspitze verläuft. Neben der konventionellen Koronarangiographie hat die CT-Koronarangiographie (MSCT) gerade in der Diagnostik von Koronaranomalien einen sehr hohen Stellenwert und wird gemäß der aktuellen Leitlinien 2019 (3) mit einer Klasse IB-Indikation bewertet.

<!- Literatur:
1.
Waterson O, Orr J, Cappell DF. Sir James Mackenzie`s heart. Br. Heart J 1939;1:237-8
2. Spindola-Franco H, Grose R, Solomon N. Dual left anterior descending coronary artery: angiographic description of important variants and surgical implications. Am Heart J 1983;105:445-55
3. Knuuti J, Wijns W, Saraste A, et al. 2019 ESC Guidelines for the diagnosis and management of chronic coronary syndromes. Eur Heart J 2019;41:407-77

Abb. A-E:


https://dgk.org/kongress_programme/ht2021/P960.htm