Clin Res Cardiol (2021). 10.1007/s00392-021-01933-9

Bewegung und Sport im Kindes- und Jugendalter: Was könnte erreicht werden? Wieviel ist empfehlenswert? Wie sieht die Realität aus?
R. Eyermann1
1Rehabilitation f. Kinder & Jugengliche, AHB, Kind-Mutter/Vater-Rehabilitation, Klinik Schönsicht, Berchtesgaden;

Problemstellung:
Bewegung ist sowohl für Gesundheit als auch Wohlbefinden des Menschen essentiell. Fitness ist eines der wichtigsten Prädiktoren für Erhaltung von Gesundheit u. langer Lebensdauer. Die Basis für lebenslanges Bewegen wird dabei im Kindesalter gelegt.

Methodik:
PubMed-Literaturrecherche, eigene Untersuchungen, Praxis-Fazit.

Ergebnisse:
Vielfach wissenschaftlich belegt ist für die Prävention kardiovaskulärer u. vieler weiterer chronischer Erkrankungen (v.a. sog. Zivilisationskrankheiten) sich ausreichend zu bewegen. Die Verbesserung der motorischen u. körperlichen Leistungsfähigkeit geht parallel mit einer Steigerung auch der kognitiven Leistung. Dadurch nehmen auch Selbstwertgefühl u. soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit u. Leistungsbereitschaft zu.
Körperliche Fitness verbessert zahlreiche Parameter: Adipositas, kardiovaskuläre Parameter (HOMA-Index, RR, Lipide, hsCRP), motorische Entwicklung, Kognition u. psychosoziale Gesundheit, mentale Gesundheit, QoL – so nach den Daten einer großen Metaanalyse (142 Studien) mit 319.311 Kindern im Alter von 5 – 17 Jahren aus 20 Ländern.

Zur „Dosis“ ist die Datenlage noch spärlich. Die NASPE (USA) hat 2002 erstmals Empfehlungen für Bewegung in unterschiedlichen Altersgruppen herausgegeben. 2016/17 wurden für die BRD nationale Bewegungsempfehlungen erstellt, internationale Leitlinien aufgenommen: Für Kinder u. Jugendliche in Abhängigkeit vom Alter werden täglich mindestens 90 Min. Sport u. Alltagsaktivitäten, z.B. der Schulweg, in einem Umfang von 12.000 Schritten empfohlen: Säuglinge u. KK so viel wie möglich im natürlichen Bewegungsdrang bewegen; KITA-Kinder angeleitete u. nichtangeleitete Bewegung 180 Min./Tag; Grundschulkinder u. Jugendliche 90 Min./Tag moderate bis intensive Intensität, 60 Min. durch Alltagsaktivität, mindestens 12.000 Schritte.

Bewegungsarme Kinder sind schrittweise an das Ziel zu führen.

Des weiteren werden altersbezogene Höchstwerte für vermeidbare Sitzzeiten, v.a. Medienkonsumzeiten, angegeben: Säuglinge, KK 0 Min., KITA-Kinder max. 30 Min./Tag, Grundschulkinder max. 60 Min./Tag, Jugendliche max. 120 Min./Tag, jeweils möglichst wenig.

Wichtigste Botschaft: den natürlichen Bewegungsdrang von Kindern so weit wie möglich unterstützen. Für jedes Alter ist die Differenzierung zwischen einer Mindestmenge an angeleiteter u. intensiver Bewegung u. der Empfehlung die freie, unstrukturierte Bewegung zu fördern, nicht zu begrenzen, wichtig.

Bewegungszeiten erreichen in der Realität bei Weitem nicht die empfohlenen Werte. Zweite Welle KIGGS-Studie belegt: < 30% WHO-Empfehlung erreicht. Bewegung nimmt ab Schulalter ab, Mädchen schlechter als Jungen, weitere Verschlechterung mit zunehmendem Alter.

Konklusion:
Frühe Bewegungsförderung ist Grundlage für lebenslange Gesundheit.

Täglich 90 Min. Bewegung u. Sport, möglichst wenig Sitzzeiten u. Medienkonsum sind die Empfehlungen.
Bemühungen um Steigerung von Bewegung u. Begrenzung der Sitzzeiten sind bislang leider weiterhin von unzureichendem Erfolg.

 


https://dgk.org/kongress_programme/ht2021/P761.htm