Clin Res Cardiol (2021). 10.1007/s00392-021-01933-9

ST-Hebungsinfarkt als Manifestation einer Thrombotisch Thrombozytopenischen Purpura
P. Schreibmüller1, F. Meincke2, M. W. Bergmann3, E. M. Tallone1, H. Alessandrini2, T. Spangenberg1, K. A. Matzen4, G. Heier1, J. Didt1
13. Med. Abteilung - Kardiologie, Pneumologie und Internistische Intensivmedizin, Asklepios Klinik Altona, Hamburg; 2Kardiologie, Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg; 3Cardiologicum Hamburg, Hamburg; 4Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin, Asklepios Klinikum Harburg, Hamburg;

Fall:

Eine 49jährige Frau wird mit dem klinischen und elektrokardiographsichen Bild eines ST-Hebungsinfarktes aufgenommen. Es sind keine Vorerkrankungen außer einer PCI des M1 drei Wochen zuvor im Iran bekannt. Die sofortige Koronardiagnostik zeigt Verschlüsse der peripheren LAD und des peripheren D1. Eine Rekanalisation gelingt trotz Ballondilatation und Gabe von GPIIb/IIIa-Inhibitoren nicht. Es wird die Verdachtsdiagnose einer embolischen Genese der Koronarverschlüsse gestellt.

Laborchemisch zeigt sich nebenbefundlich eine ausgeprägte Thromozytopenie, Anämie, eingeschränkte Nierenfunktion und Erhöhung der Infektparameter. Die weitere hämatologische Aufarbeitung zeigt im mikroskopischen Blutbild Fragmentozyten, sowie eine deutliche Erniedrigung der ADAMTS-13-Aktivität im Serum (2%). Aus dieser Konstellation ergibt sich die Diagnose einer Thrombotisch Thrombozytopenen Purpura (TTP). In der transösophagealen Echokardiographie (TEE) zeigte sich eine höhergradige Mitralinsuffizienz, sowie Auflagerungen an der Aortenklappe, welche morphologisch sowohl infektiöser, als auch thrombotischer Genese sein konnten. Eine umgehend eingeleitete Therapie mit Plasmapherese, Caplacizumab, Immunsuppression und leitliniengerechter empirischer Therapie einer infektösen Endokarditis zeigte über die folgenden Tage eine deutliche Besserung der klinischen und laborchemischen Situation.

Echokardiographische Verlaufskontrollen zeigten eine komplette Regredienz der Vegetationen unter der genannten Therapie. Nach Abschluss der antibiotischen Therapie wurde die Patientin in gutem klinischen Zustand in die ambulante Betreuung entlassen.

 

Diskussion:

Im geschilderten Fall ist davon auszugehen, dass bereits die vorherige PCI im Rahmen der TTP erfolgte, retrospektiv stellte sich heraus, dass schon zu diesem Zeitpunkt eine Thrombozytopenie bestand. Die zügige Diagnose der zugrunde liegenden Erkrankung innerhalb weniger Stunden und die Initiierung einer spezifischen Therapie waren der Schlüssel für ein gutes Outcome; die Mortalität der TTP ist ohne Therapie mit 90% beschrieben.

In der Literatur sind sowohl Fälle von thrombotischen Auflagerungen auf Herzklappen im Rahmen einer TTP, als auch die Triggerung einer TTP durch eine infektiöse Endokarditis beschrieben. Beide Kombinationen sind jedoch sehr selten.

Der beschriebene Fall demonstriert eindrücklich die Notwendigkeit von umfangreicher und zügiger Umfelddiagnostik in Fällen, in welchen ein Myokardinfarkt nicht durch eine klassische Plaque-Ruptur zu erklären ist. In diesen Fällen sind stets auch seltene Genesen wie die hier beschriebene in Betracht zu ziehen.


https://dgk.org/kongress_programme/ht2021/P436.htm