Clin Res Cardiol (2021). 10.1007/s00392-021-01933-9

Plötzlicher Herztod (PHT) und Empfehlungen zur Prävention bei jüngeren Sporttreibenden (Kinder, Jugendliche, jüngere Erwachsene)
R. Eyermann1
1Rehabilitation f. Kinder & Jugengliche, AHB, Kind-Mutter/Vater-Rehabilitation, Klinik Schönsicht, Berchtesgaden;

Problemstellung:
Der PHT ist ein zwar seltenes aber dramatisches Ereignis.

Wie kann dem PHT vorgebeugt werden?

Methodik:
PubMed-Literaturrecherche, jahrelange eigene sportkardiologische Erfahrungen

Ergebnisse:

 Inzidenz des PHT: beträgt bei scheinbar gesunden Adoleszenten pro Jahr sportlicher Aktivität bei @1:250000. PHT ist häufiger bei Jungen, Afro-Amerikanern, Wettkämpfern von Football und Basketball.
 Ätiologisch PHT: bei jüngeren Sporttreibenden präexistente nichterkannte Herzerkrankungen (@90% strukturelle Herzerkrankungen, @10% primär elektrophysiologische Störungen): Häufig dabei in 36% HCM, 23% Koronaranomalien (ARCA, ALCA, intramurale u. intraseptale Verläufe der Koronararterien problematisch), 10% idiopathische LVH; weniger häufig rupturiertes Aortenaneurysma, Myokarditis, AS, KHK, ARVD; selten WPW-Syndrom, LQTS,  Short-QT, CPVT, Brugada; MKPS, Commotio cordis, Drugs.
 In Screeningevaluationen (n bis 115) bei PHT-Betroffenen in vorherigen medizinischen Evaluationen nur in 3% kardiovaskuläre Erkrankungen aufgedeckt sowie nur in 0,9% korrekte Korrelationen zur drohenden Gefahr eines PHT hergestellt worden!

Kardiovaskuläre Anamnese
bedeutsamstes Screeningelement, Mindestinhalt (Evidenz IC):
1) Früherer Thoraxschmerz, Synkope oder near-Synkope, unerwartete unklare Dyspnoe oder Fatigue assoziiert mit Belastung,
2) Früheres Herzgeräusch oder Hypertonie,
3) Positive Familienanamnese auf PHT, kardiovaskuläre Events
<50 Jahre sowie HCM, Marfan-Syndrom, LQTS, signifikante Arrhythmien.

Medizinische Untersuchung
Mindestinhalt (Evidenz IC):

1) Auskultation im Liegen u. Stehen, v.a. zur Detektion von Geräuschen dynamischer LVOTO,

2) Femoralispulse zum Ausschluss CoA,

3) Evaluation auf Stigmata Marfan-Syndrom,

4) Ruhe-RR-Messung sitzend.

Weitere Diagnostik:
EKG u. Echokardiographie:

in USA im Routine-Screening wegen niedriger Inzidenz, hoher Rate falsch-positiver Befunde u. Kosten nicht empfohlen (Evidenz IIb-IIIC), wohl aber in Europa, führend Italien (Evidenz I-IIaC), mit signifikantem Rückgang von PHT.

Gentests:
zukünftige Involvierung von Gentests bei jungen High-Risk-Sporttreibenden in USA geplant.

Konklusion:
1) Junge intensiver Sporttreibende sollten auf präexistente kardiovaskuläre Erkrankungen mit Gefahr PHT gescreent, bei kardiovaskulären Abnormitäten kardiologisch evaluiert u. ihre Belastbarkeit nach Guidelines von ACC/ACSM eingestuft werden.
2) In Deutschland “Sportuntersuchung” als Screening als sog. IGEL-Leistung praktikabel.

3) PBLS u. PALS sollten geschult werden (v.a. Laien-CPR).

4) Zugang der Öffentlichkeit zu Defibrillatoren bei Sportveranstaltungen mit hoher Inzidenz von Commotio cordis-Events u. Ausbildung in der Anwendung von Defibrillatoren u. CPR ist wirksamste Maßnahme um das Survival von Menschen, die einen PHT erleiden, zu verbessern.

5) Gegen Commotio cordis mit reflektorischem PHT (große US-Registerdaten) haben sich Protektoren international als unsicher u. sportartspezifisch hinderlich erwiesen. Ein intensives Gefahr-Ausweichtraining wird stattdessen empfohlen.

Wichtiger Zusatz: Bei detektierten Koronararterienanomalien darf nicht davon ausgegangen werden, dass kein Risiko besteht, wenn die aberrant verlaufende Arterie weder interarteriell, intramural noch intraseptal verläuft. Unabhängig von Abgang u. Verlauf der Koronararterien ist die hämodynamische Situation entscheidend. Deshalb ist hier immer ein Stresstest durchzuführen.


https://dgk.org/kongress_programme/ht2021/P165.htm