Clin Res Cardiol (2021). 10.1007/s00392-021-01933-9

Alarmierende Situation kardiovaskulärer Prävention bei Kindern in Deutschland „Der Herzinfarkt beginnt im Kindesalter!“ – Besorgniserregende Herz-Kreislauf-Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen
R. Eyermann1
1Rehabilitation f. Kinder & Jugengliche, AHB, Kind-Mutter/Vater-Rehabilitation, Klinik Schönsicht, Berchtesgaden;

Hintergrund:
Jetzt stabil aber auf sehr hohem Niveau wachsen stetig übergewichtige Kinder mit erhöhtem Risiko für HKL-Erkrankungen heran. Schuld sind Lebensstil u. nicht greifende Präventionsmaßnahmen.

Methodik:
PubMed-Literaturrecherche

Ergebnis:

Übergewicht:
15% der Kinder u. Jugendlichen in Deutschland haben Übergewicht, @ 1/3 (6,3%) Adipositas.
Der Anteil übergewichtiger Kinder u. Jugendlicher hat sich vs. den 1980er- u. 1990er-Jahren um 50% erhöht.

Körperliche Bewegungszeiten:
Zweite Welle KIGGS-Studie belegt: nur < 30% WHO-Empfehlung (60min/Tag moderate bis intensive physische Bewegung) erreicht. Bewegung nimmt ab Schulalter ab, Mädchen schlechter als Jungen, weitere Verschlechterung mit zunehmendem Alter.

Essentielle HTN:
Prävalenz @4-5% (Ursache u.a. Adipositas).

Dm2:
Prävalenz Dm2 2,4/100.000EW. @5% neu gemeldeter Dm-Fälle bei Kindern u.
Jugendlichen =@ 180–300 Neuerkrankungen/Jahr.

Übergewicht u. Adipositas sind bereits im frühen Kindesalter assoziiert mit ausgeprägten metabolischen Alterationen, Endotheldysfunktion, pathologischen Intima-Media-Dicken (IMT), eingeschränkter regenerativer Kapazität zirkulierender Progenitorzellen u.a.m..

Diese pathologischen Veränderungen tragen zur Entwicklung generalisierter Gefäßschäden als Frühform einer Atherosklerose bei.

Übergewicht kann bereits bei Kindern zu HTN, Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes führen u. leistet zahlreichen Spätfolgen im Erwachsenenalter Vorschub.

Jungen u. Mädchen aus sozial benachteiligten Familien sind 3x so häufig adipös wie Kinder u. Jugendliche mit hohem Sozialstatus.

Das höchste Risiko für Übergewicht haben Kinder, deren Eltern übergewichtig sind.

Junge Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf bedürfen der Beratung u. konkreter Hilfe zu den Themen Stillen bzw. Ernährung, Bewegung u. Stressregulation sowie Vermittlung von konkreten Angeboten in der näheren Umgebung.

Mit dem Ausbau von Ganztagsschulen u. Kindertagesstätten müssen verstärkt gesundheitsfördernde Konzepte umgesetzt werden. Dazu gehören vor allem täglich gesunde Mahlzeiten u. ausreichend Bewegungsräume u. –zeiten.

Präventions- u. Therapiemaßnahmen, die sich als wirksam erwiesen haben, sollen künftig ein Qualitätssiegel bekommen.


Konklusion:

Die HKL-Gesundheit von Kindern u. Jugendlichen ist in den vergangenen Jahren deutlich schlechter geworden, im Gegensatz zum weltweiten Trend bei Erwachsenen.

Kinder u. Jugendliche profitieren aber deutlich von Lebensstiländerung (u.a. Benefit BMI, RR, iGT, IMT, PWC, kardiovaskuläres Risiko) durch Gewichtsabnahme, Steigerung der körperlichen Aktivität, weniger TV- u. PC-Konsum, Rauchen aufgeben, keine Fehlernährung, ausreichend Obst und Gemüse.

Adipositasprävention bei Kindern ist umso wichtiger, da bei bereits bestehender Adipositas die Effektivität konservativer Gewichtsreduktionsbehandlungen zwar als evident gilt, konsistente Befunde konservativer Adipositas-Behandlungen (RCTs, Metaanalysen) hinsichtlich Gewichtsabnahme aber nur ein sehr begrenzt erreichbares Ausmaß belegen.

 

 

 


https://dgk.org/kongress_programme/ht2021/P163.htm