Clin Res Cardiol (2021). 10.1007/s00392-021-01933-9

Kardiovaskuläre Pathologie, Klinik, aktuelle Screeningaspekte und neue Behandlungsmethoden der schweren familiären Hypercholesterinämie (FH) bereits bei Kindern und Jugendlichen
R. Eyermann1
1Rehabilitation f. Kinder & Jugengliche, AHB, Kind-Mutter/Vater-Rehabilitation, Klinik Schönsicht, Berchtesgaden;

Problem:
Dyslipidämien von großer klinischer Bedeutung, da einige wichtige CVRF für frühe Arteriosklerose sind.

Methode:
Literaturrecherche Medline, PubMed.

Ergebnisse:
Häufigste FH-Ursache LDLR-Defekt: Mutation im LDLR-Gen auf Chromosom 19p13.2, LDLR-Funktion, -Transkription oder -Internalisierung betreffend.

Phänotyp ‚Gain- of-Function‘-Mutation von PCSK9 (Lokation 1p32, vermindertes Rezeptor-Recycling) vergleichbar mit LDLR-Defekt, Phänotyp bei familiärem defektivem ApoB o. ApoB-Mangel (Lokation 2p24, defektives Binding von apoB an LDLR) schwächer ausgeprägt. Weitere Gen-Mutation Autosomal recessive Hypercholesterinämie (LDLRAP1)(Lokation 1p36, defektives LDLR-Adaptorprotein beeinträchtigt LDLR-Internalisation).

Klinisch Atherogenese acceleriert von Geburt an u. maternale Hypercholesterinämie während Gravidität erhöht weiter Atheroskleroselast bei Kindern. Rate der Atherosklerose-Entwicklung bei FH im Lebensalter direkt proportional LDL-Chol-Konzentrationen, daher viel höher bei homozygoter als bei heterozygoter FH. Atherosklerose führt zu schwerer Hauptstamm- o. 3-Gefäßerkrankung, kann sich auch auf Aortenbogen u. -klappensegel ausdehnen, v.a. bei homozygoter FH. Atherosklerosebefall Femoral- u. Zerebralarterien weniger häufig.

Patienten mit homozygoter FH präsentieren sich mit oft symptomatischer KHK bereits im Kindes- u. Adoleszentenalter. Systolisches Aortengeräusch Hinweis auf supravalvuläre AS.

Patienten mit heterozygoter FH entwickeln später symptomatische KHK, 3. u. 4. Dekaden, v.a. ohne Therapie u. bei weiteren CVRF (Rauchen, HTN o. Dm) u. FA für KHK.

Sehnenxanthome nahezu pathognomonisch für FH, bei homozygoter FH auch planare Hautxanthome bei Alter 10. Fehlen von Xanthomen o. Arcus cornealis schliesst FH nicht aus, v.a. bei jüngeren Patienten.

In Subgruppe Kinder therapeutische Targets für Plasma-LDL-Chol(IFHF):

- Alter 8-10 Jahre, passende Diät, LDL-Chol > 4 mmol/L bei 2 Gelegenheitsmessungen: < 4 mmol/L (< 150 mg/dL);

- Alter > 10 Jahre, passende Diät, LDL-Chol > 3,5 mmol/L bei 2 Gelegenheitsmessungen: < 3,5 mmol/L (< 130 mg/dl).

Neben Lebensstiländerung sollte Ernährung/Diät für Kinder (> 2 Jahre) modifiziert werden (Zusammensetzung Fettgehalt, Cholesterinaufnahme < 300 mg/Tag). 


IFHF-Guidelines empfehlen pharmakotherapeutisch für Kinder mit FH im Alter 8-10 J. Start mit low-dose-Statin-Monotherapie, im Alter > 10 Jahre ebenfalls Statintherapie mit Option zusätzlich von Ezetimib oder Gallensäuren-Binder. Höhere Dosen potenterer Statine bei homozygoter FH erforderlich.

Zusatz-Monitoring physische Entwicklung, Pubertät u. GOT, GPT, CK, Crea.

LDL-Apharese ab 5 Jahre, bei Plasma-LDL-Chol > 9 mmol/L (> 350 mg/dL) nach max. Pharmakotherapie.

Neue Therapien schwerer FH in Erprobung/Studien o. bereits zugelassen:
Mipomersen, Lomitapide, PCSK9-AK u. CETP.

Screening:
generelles Screening, Risikofamilienscreening, Kaskadenscreening, Nabelschnurblutscreening,

ganz aktuell VRONI-Studie/Bayern (im Rahmen Kindervorsorgeuntersuchung U9 - J1 flächendeckendes Screening mit Blutentnahme bei 5- bis 14jährigen Kindern u. LDL-Chol-Messung am DHZ München. Bei LDL-Werten > 135 mg/dl folgen molekulargenetische Untersuchung u. Testung auf FH).

Konklusion:

Schlechte Prognose, Morbidität u. Mortalität, v.a. der homozygoten FH muss früh bereits im Kindesalter interveniert werden!
Screening daher bedeutsam.


https://dgk.org/kongress_programme/ht2021/P161.htm