Clin Res Cardiol 108, Suppl 2, October 2019

Case Report: Überlebter plötzlicher Herztod bei Patienten mit Brugada Typ 1 EKG – Brugada-Syndrom oder Brugada-Phänokopie?
P. Renz1, D. Zimmer1, J. Brömsen1, M. Block1
1Innere Medizin - Kardiologie, Klinik Augustinum München, München;

Fallvorstellung
Wir präsentieren den Fall eines 83-jährigen Patienten, der auf einem Straßenfest alkoholisiert und gestreßt einen Herz-Kreislaufstillstand erlitt. Bis zum Eintreffen des Notarztes erfolgte eine Laienreanimation bei dem bis dato herzgesunden Patienten. Bei Kammerflimmern (VF) wurde einmalig defibrilliert. Anschließend zeigte sich Sinusrhythmus mit coved-type ST-Streckenhebungen in V1–V2 und ST-Streckensenkungen in II, III, aVF & V5-6.
Der intubiert beatmete Patient wurde unter der Diagnose einen ST-Hebungsinfarktes direkt ins Herzkatheterlabor verbracht. Bei Erstdiagnose einer diffusen koronaren 3-Gefäßerkrankung mit guter systolischer Funktion ohne regionale Wandbewegungsstörungen wurde der mittelkräftige Ramus marginalis 2 mit einem Stent versorgt. Nicht versorgt wurde eine filiforme Stenose eines großen rechtsventrikultären Astes. Die
  Myokardmarker waren leicht erhöht (CK max. 680 U/l, CK-MB max. 50 µg/l). Elektrokardiographisch zeigten sich im Verlauf persistierende, Brugada-Typ1-ähnliche ST-Streckenhebungen in V1-V4, die sich jedoch an Tag 3 normalisierten.

Nach intensivmedizinischer Betreuung des Patienten erfolgte bei überlebtem plötzlichen Herztod die sekundärprophylaktische Implantation eines 1-Kammer-ICD’s. Eine DNA-Sequenzanalyse des GPD1L-, SCN5A-, SCN1B-, SCN2B-, und des SCN3B-Gens, sowie ein im Verlauf durchgeführter Ajmalin-Provokationstest, konnten ein Brugadasyndrom nicht bestätigen. Familienanamnestisch fanden sich 2 plötzliche Todesfälle bei Brüdern des Vaters (20. LJ und 60.LJ), ohne bekannte kardiale Grunderkrankung. Radiologisch zeigte sich nach der Reanimation als Nebenbefund ein 8 x 4 x 2,5 cm großes, rechtsseitiges retrocostales Hämatom, ohne Kompression des rechten Vorhofs und Ventrikels.
 

Diskussion
Die  Diagnose eines Brugada-Syndroms beruht auf einem spontanen Typ-1-Brugada-EKG, das nach VF passager dokumentiert wurde, sowie beschriebener familiärer plötzlicher Todesfälle. Die ausgebliebene genetische Diagnosesicherung (Sensitivität 30%), vor allem aber der negative Provokationstest mit Ajmalin (Sensitivität 70%) lassen Zweifel an der Diagnose aufkommen. In der Literatur wurden sogenannte Brugada-Phänokopien (BrP) ohne ursächliche Ionen-Kanal-Erkrankung beschrieben. So könnte hier eine Ischämie durch die Marginalisstenose als Ursache des VF und ein durch die Reanimation verursachtes Hämatom in der Nähe des rechtsventrikulären Ausflußtraktes (RVOT) als Ursache eines sekundären Typ-1-Brugada-EKGs diskutiert werden. Eine primäre Ischämie des RVOT erscheint eher unwahrscheinlich, da keine Stenosen der proximalen RCA oder des Konusastes bestanden. Auch metabolische Ursachen für BrP konnten nicht festgestellt werden Bei letztlich nicht sicher diagnostiziertem Brugada-Syndrom bleibt der Verlauf unter ICD-Schutz abzuwarten.



https://www.abstractserver.com/dgk2019/ht/abstracts//P692.htm