Clin Res Cardiol 108, Suppl 2, October 2019

Grenzwerte für akutes Nierenversagen bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkt- Ergebnisse aus einem STEMI-Register
J. Schmucker1, A. Fach1, T. Retzlaff1, D. Garstka1, R. Osteresch1, R. Hambrecht1, H. Wienbergen1, für die Studiengruppe: BSR
1Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF), Bremen;

 

Einleitung: Der negative Einfluss einer sich verschlechternden Nierenfunktion bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkten (STEMI) auf die Gesamtprognose wurde schon in vielen Studien gezeigt. Unklar ist jedoch, welchen Einfluss geringe Verschlechterungen der glomerulären Filtrationsrate (GFR) auf die Gesamtprognose haben und mit welchen klinischen und Interventionsparametern eine GFR-Verschlechterung assoziiert ist. Ziel dieser Studie war deshalb zu analysieren, welchen Einfluss jede Verschlechterung der GFR bei STEMI-Patienten auf die Gesamtprognose hatte und mit welchen klinischen und Interventionsparametern das Ausmaß der GFR-Verschlechterung korrelierte. Hierfür wurden Daten aus einem deutschen STEMI-Register ausgewertet.

Methoden:
Alle STEMI-Patienten, die zwischen 2006 und 2018 an einem deutschen Herzzentrum mit einer perkutanen Koronarintervention (PCI) behandelt wurden, wurden initial eingeschlossen. Zur Verlaufsbeurteilung der GFR wurden jedoch Patienten mit einer Aufenthaltsdauer im Herzzentrum von ≤48 Stunden sowie Patienten mit infarktassoziertem Herzversagen (Killip Stadium 2 bis 4) von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Die GFR wurde berechnet nach der CKD-EPI-Formel (2009), die GFR-Reduktion nach der Formel GFR-Reduktion (in %)=(1-GFR(min)/(GFR(admission))*100. Je nach Ausmaß der GFR-Reduktion wurden die Patienten in die Gruppen G1 (GFR-Reduktion 0-4 %) bis G10 (GFR-Reduktion≥45%) eingeteilt.

Ergebnisse:
Von insgesamt 4718 Patienten in der Analyse zeigten 2134 (45%) keine oder eine nur geringe Reduktion der GFR (G1: 0-4%), während bei 153 (G10: 3%) sich die GFR um ≥45% verschlechterte. Die übrigen Patienten wurden den Gruppen G1 bis G9 zugeteilt (Tabelle). Mit sich verschlechternder Nierenfunktion zeigte sich nur ein geringer Anstieg der eingesetzten Kontrastmittelmenge (G1: 146,3±60 ml, G10: 158,9±64 ml), jedoch eine Verdoppelung der mittleren maximalen Creatkinase (CK) als Parameter für die Infarktgröße (G1: 1557±1716 U/l, G10: 3041±2897 U/l). Eine GFR-Reduktion war mit einem deutlichen Anstieg sowohl der 1-Jahres-Mortalität als auch der 1-Jahres-MACCE-Rate (MACCE: major adverse cardiac or cerebrovascular Events; Tod, Schlaganfall, Reinfarkt) assoziiert (Tabelle). Bei nur gerinfügigen Verschlechterungen der GFR (Reduktion <25%) war dabei jedoch kein signifikanter Anstieg der  1-Jahres-Mortalität oder 1-Jahres-MACCE-Rate nachzuweisen (Mortalität: p(Trend)=0.4; MACCE: p(Trend)=0.6).

Zusammenfassung:
In dieser Analyse von Register-Daten konnte gezeigt werden, dass mehr als die Hälfte der STEMI-Patienten nach Infarkt eine Verschlechterung der Nierenfunktion um zumindest 5% aufwiesen. Dabei war jedoch bis zu einem Grenzwert von 25% eine Verschlechterung der Nierenfunktion nicht mit einer signifikant schlechteren 1-Jahres-Prognose assoziiert. Über diesen Grenzwert hinaus war der negative Effekt jedoch betont. Weitere Analysen wären notwendig um diese Untersuchungsergebnisse zu unterstützen und mögliche Prädiktoren für eine relevante Verschlechterung der Nierenfunktion zu identifizieren.



GFR-Reduktion (in %) 0 bis 4 5 bis 9 10 bis 14 15 bis 19 20 bis 24 25 bis 29 30 bis 34 35 bis 39 40 bis 44 ≥45
n 2134 757 613 422 286 155 97 65 36 153
% von Gesamt 45 16 13 9 6 3 2 1 1 3
1-Jahres-Mortalität (%) 5,1 3,7 4,7 5,7 7,1 15,7 21,4 21,0 37,1 50,0
1-Jahres-MACCE (%) 9,1 7,6 8,7 10,5 10,2 21,1 27,7 27,4 45,5 52,7

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