Clin Res Cardiol 107, Suppl 3, October 2018 |
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Modulation des autonomen kardialen Nervensystems durch Akupunktur | ||
A. Böhmer1, P. F. Liu2, J. Nagel2, L. von Stülpnagel3, K. Rizas3, B. Kaess1, T. Rostock4, A. Bauer3, J. Ehrlich1 | ||
1Med. Klinik I, St. Josefs Hospital, Wiesbaden; 2LuSHAN-Zentrum für traditionelle chinesische Medizin, Offenbach am Main; 3Medizinische Klinik und Poliklinik I, LMU Klinikum der Universität München, München; 4Med. Klinik und Poliklinik II, Klinik für Kardiologie, Angiologie und intern. Intensivmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz; | ||
Hintergrund Vorhofflimmern (AF) entsteht unter anderem durch ein Ungleichgewicht zwischen sympathischem und parasympathischem autonomen Nervensystem (ANS). Interessanterweise konnte durch Akupunktur des Tragus eine Reduktion von AF-Rezidiven nach Kardioversion erreicht werden. Ziel dieser Studie war die Evaluation von Akupunktur-induzierten kardialen (vegetativen) Effekten bei gesunden Probanden.
Methoden Herzgesunde männliche Probanden (n=24) wurden im Bereich des Vagus-Innervationsgebietes an der Concha inferior des Ohres (Herzpunkt 100, OHR) sowie an einem klassischen Akupunktur-Punkt des Herzens (ventralen Unterarm, P6/Neiguan, ARM) akupunktiert. Eine „Placebo“-Akupunktur eines Punktes, der gegen Gonarthrose-Schmerzen helfen soll (Magenpunkt 35), diente als Kontrolle. Die Hälfte der Probanden erhielt eine zusätzliche Messung ohne Akupunktur, um Effekte durch das alleinige Platzieren einer Nadel zu untersuchen. Um eine Aktivierung des ANS zu bewirken und Veränderungen quantifizieren zu können, wurden 12-Kanal Langzeit-EKG Messungen wie folgt durchgeführt: 30 Minuten (min) in liegender Position unter Akupunktur, Entfernung der Akupunkturnadel, 5 min liegend, 5 min sitzend, 5 min stehend, 5 min sitzend. Es erfolgten Analysen folgender Herzfrequenzvariabilitäts-Parameter: Herzfrequenz, SDNN, RMSSD, HF, LF, LF/HF. Des Weiteren wurden Periodic Dynamics Repolarization und Deceleration Capacity untersucht.
Ergebnisse Verglichen mit Placebo-Akupunktur wurde sowohl durch Akupunktur am OHR als auch am ARM die Herzfrequenz in liegender und sitzender Körperpositionen signifikant gesenkt. Während die Akupunktur am OHR vor allem die SDNN signifikant erhöhte (OHR: 92,9 ± 5,6 ms vs. PLACEBO: 77,8 ± 4,9 ms, P=0,012), führte die Akupunktur am ARM zu einer signifikanten Steigerung von RMSSD (ARM: 43,7 ± 2,9 ms vs. PLACEBO: 36,6 ± 2,7 ms, P=0,0002) und dem parasympathischen Leistungsdichtespektrum-Parameter HF (ARM: 713,9 ±127,2 ms² vs. PLACEBO: 442,8 ± 72,7 ms², P=0,001). Der Quotient LF/HF wurde signifikant gesenkt (Abb. 1). Abb. 2 liefert ein vereinfachtes elektrophysiologisches Schema zu den möglichen Reflexbögen. Kein Unterschied bestand zwischen Placebo-Akupunktur und Messung ohne Akupunktur, sodass postuliert werden kann, dass das alleinige Platzieren einer Nadel keinen nennenswerten Effekt auf das ANS besitzt.
Schlussfolgerung Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine Akupunktur an Orten, die mit dem ANS verschaltet sind, zu einer Modulation des parasympathischen kardialen ANS führen kann. Eine Modulation der parasympathisch-sympathischen Balance durch minimalinvasive Zusatzbehandlung, wie in unserer Studie, könnte möglicherweise bei Patienten mit AF zusätzlich zu medikamentöser oder nach invasiver Behandlung wie der Pulmonalvenenisolation das Therapieresultat verbessern und die Rezidivrate verringern. Abb. 1: Auswirkungen der Akupunktur
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http://www.abstractserver.de/dgk2018/ht/abstracts//P223.htm |