Clin Res Cardiol 107, Suppl 3, October 2018

Pulmonale Hypertonie bei Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH): Patientenwissen, Patientenversorgung und spezifische Beratung sind unzureichend!
S. Freilinger1, L. Pieper2, U. Gundlach3, N. Lang1, I. Diebold4, L. Sanftenberg5, J. Schelling5, P. Ewert1, R. Oberhoffer1, H. Kaemmerer1, R. Neidenbach1
1Klinik für Kinderkardiologie und angeborene Herzfehler, Deutsches Herzzentrum München, München; 2Professur für Behaviorale Epidemiologie, Technische Universität Dresden, Dresden; 3Med. Klinik 2 - Kardiologie, Angiologie, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen; 4Medizinisch Genetisches Zentrum, München; 5Institut für Allgemeinmedizin, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, München;

 

Hintergrund und Zielsetzung:  

Die pulmonalarterielle Hypertonie (P(A)H) ist eine der bedeutsamsten Komplikationen bei nativen oder operativ behandelten angeborenen Herzfehlern (AHF). Etwa 10% der in Deutschland lebenden 300.000 Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) tragen das Risiko für die Entwicklung einer (P(A)H). Dieses Risiko besteht auch trotz erfolgreicher operativer Behandlung und scheint mit zunehmendem Alter zu steigen. Trotz dieser Gefahr und obwohl zertifizierte Experten in ausreichender Zahl in Deutschland vorhanden sind, befindet sich der Großteil der Betroffenen nicht in EMAH-zertifizierter Betreuung.

Ziel dieser Studie ist die Evaluation: (a) der Versorgungssituation, (b) des gesundheitsbezogenen Wissensstandes und (c) des spezifischen Beratungsbedarfs von EMAH mit bestehender P(A)H oder einem erhöhten Risiko, eine P(A)H zu entwickeln.

 

Methoden:

Die vorliegende Studie ist eine Subgruppenanalyse einer fragebogenbasierten Querschnittsanalyse zur Versorgungssituation eines Risikokollektives von EMAH mit bestehender P(A)H bzw. erhöhtem Risiko eine P(A)H zu entwickeln.  

 

Ergebnisse:

Insgesamt wurden 1.700 EMAH in der Querschnittsanalyse erfasst. Die analysierte Subgruppe umfasste 563 zufällig ausgewählte Patienten (49,7% weiblich, mittleres Alter 35,7±12,3 Jahre). Bei 282 Patienten (48,2% weiblich; 35,5±12,2 Jahre) bestand die Risikokonstellation für eine P(A)H, bei 30 (66,7 % weiblich; 42,5 ± 11,8 Jahre) eine manifeste P(A)H. Sowohl das manifeste P(A)H-, als auch das Risikokollektiv sind unzureichend über die eigene Gesundheitssituation, die flächendeckende EMAH-Versorgung, spezifische Versorgungszentren, und Patienteninitiativen informiert. Bei Problemen im Zusammenhang mit dem AHF ist im Risikokollektiv in 63% und bei manifester P(A)H in 50% nicht ein Spezialist, sondern der Allgemein-/Hausarzt erster Ansprechpartner. Hinsichtlich der eigenen Gesundheitssituation haben die Betroffenen große Wissensdefizite, da nur 46,7% der EMAH mit manifester P(A)H wissen, dass sie an einer P(A)H leiden (𝜿=0.553, p>0.001). Etwa 50% der Patienten geben an, einen spezifischen Beratungsbedarf zu haben. Der Beratungsbedarf beider Gruppen unterscheidet sich teilweise signifikant von dem im Gesamtkollektiv.

 

Conclusio:

Die P(A)H ist ein relevanter, aber vernachlässigter Rest- bzw. Folgezustand bei vielen EMAH. Eine strukturierte, multidisziplinäre, P(A)H-spezifische Beratung von EMAH mit manifester P(A)H sowie mit Risiko für die Entwicklung einer P(A)H ist dringend notwendig. Die Beratung sollte möglichst früh beginnen, um den klinischen Verlauf sowie die Prognose zu verbessern. Voraussetzung dafür ist eine engere Zusammenarbeit zwischen der Hausärzteschaft und spezialisierten Experten und Zentren. Eine spezifische Beratung könnte sich zudem positiv auf den Wissenstand der Betroffenen auswirken. Ziel wäre es, eine möglichst gute Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten bzw. diese zu verbessern und langfristig die Morbidität und Mortalität zu senken.

 


http://www.abstractserver.de/dgk2018/ht/abstracts//P205.htm