Clin Res Cardiol 107, Suppl 3, October 2018

Zwei Arrhythmien eine Ursache? Ablation einer schmalkomplexigen regelmäßigen Tachykardie mit wechselnd kurzem und langem AV-Intervall und „pseudo-VAAV“-Sequenz
M. Bettin1, K. Vahlkamp1, K. Awad1, J. Amberger1, E. Wolff1, W. Kranig1, G. Mönnig1, C. Pott1
1Schüchtermann-Schiller'sche Kliniken Bad Rothenfelde GmbH & Co. KG, Bad Rothenfelde;

Hintergrund: Bei wechselnden Aktivierungssequenzen kann die elektrophysiologische Diagnostik und Ablation von supraventrikulären Tachykardien eine Herausforderung darstellen.

Fall: Wir berichten über einen 19-jährigen Mann ohne kardiologische Komorbiditäten mit rezidivierendem, typischem „on/off“-Herzrasen. Im EKG konnte eine schmalkomplexige regelmäßige Tachykardie dokumentiert werden mit einer Zykluslänge von 390 ms und einem VA-Intervall von 240 ms, welches deutlich länger war als das AV-Intervall (150 ms). Die P-Welle zeigte sich inferior negativ. Es erfolgte eine elektrophysiologische Untersuchung.

 

Elektrophysiologische Untersuchung: Es erfolgte die Anlage von Diagnostikkathetern im Coronarsinus (Cs), dem RV-Apex (RVA) und am His-Bündel (His). Durch vorwiegend ventrikuläre, nicht aber atriale Stimulation gelang die reproduzierbare Induktion der klinischen Tachykardie (SVT1). Die retrograde Leitung war dekremental und sowohl bei RVA-pacing als auch Tachykardie im Cs konzentrisch. Bei Gabe von Adenosin zeigte sich ein retrograder Block, so dass eine akzessorische Bahn ausgeschlossen wurde. Zur Abgrenzung einer AV-nodalen (AVNRT) von einer ektop-atrialen Tachykardie (EAT) erfolgte ein Entrainment aus RVA, wobei sich eine post-pacing-Sequenz in der Reihenfolge Ventrikel-Atrium-Atrium-Ventrikel (VAAV) zeigte. Bei Verdacht auf eine EAT aus der Region des Cs-Ostiums wurde daher ein Mapping begonnen. Zu diesem Zeitpunkt trat eine weitere schmalkomplexige regelmäßige Tachykardie auf (SVT2, CL 370 ms) mit nun kurzem VA-Intervall (60 ms), ebenfalls konzentrischer retrograder Leitung und im Vergleich mit SVT1 identischer P-Welle (inferior negativ) auf. Diese ließ sich im Gegensatz zur SVT1 vorwiegend durch programmierte atriale Stimulation auslösen. Unter genauerer Betrachtung zeigte sich retrospektiv, dass bei der nach RVA-pacing dokumentierten VAAV-Sequenz beide atriale Antworten entrained, also entsprechend der Frequenz der Kammerstimulation kürzer als die Tachykardie-Zykluslänge waren (pseudo-VAAV). In Zusammenschau dieser Befunde wurde von einer wechselnd atypischen (SVT1) und typischen AVNRT (SVT2) ausgegangen. Es wurde eine kathetergeführte slow-pathway-Modulation durchgeführt. Anschließend ließ sich trotz ausgiebiger atrialer und ventrikulärer Stimulation auch unter Hinzunahme von Orciprenalin (0,5 mg) keine Tachykardie mehr auslösen. 

 

Diskussion: In diesem Fall lag eine AVNRT sowohl in atypischem (SVT1) als auch in typischem (SVT2) Modus vor. Dabei besteht ein Reentry unter Beteiligung eines langsamen Leitungsweges und des schnellen Leitungsweges des AV-Knotens, welcher in diesem Fall bidirektional auftrat und zwar in slow-fast- (typische AVNRT, SVT2) und fast-slow-Sequenz (atypische AVNRT, SVT1). Bis zum Auftreten der SVT2 bereitete die diagnostische Abgrenzung der SVT1 von einer EAT Schwierigkeiten. So wurde das auch für eine atypische AVNRT ungewöhnlich lange VA-Intervall, sowie auch die VAAV-Sequenz nach Entrainment aus der Kammer zunächst als Anhaltspunkt für eine EAT interpretiert. Tatsächlich lag diesen Befunden jedoch eine duale AV-Knotenphysiologie mit retrograder Leitung über einen sehr langsamen slow-pathway zugrunde. Dies führte zu der beobachteten VAAV-Sequenz (pseudo-VAAV) mit retrogradem Entrainment beider Vorhofantworten anstelle nur der ersten Vorhofantwort. Hinweisgebend für eine atypische AVNRT ist auch der Induktionsmodus der SVT1 aus der Kammer, während SVT2 als typische AVNRT aus dem Vorhof ausgelöst wurde.


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