Clin Res Cardiol 106, Suppl 2, October 2017

„Herzinfarkt beginnt im Kindesalter!“ Besorgniserregende Herz-Kreislauf-Gesundheit unserer Kinder u. Jugendlichen. Prävention von Adipositas u. Folgeerkrankungen ineffektiv – Zeitbombe Adipositas tickt
R. Eyermann1
1Medizinische Abteilung, Klinik Schönsicht Berchtesgaden, Rehabilitation für Kinder und Jugendliche, AHB, Kind-Mutter/Vater-Rehabilitation, Berchtesgaden;

Problemstellung:
Immer mehr übergewichtige Kinder wachsen heran, die dadurch ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. Schuld ist der Lebensstil und die nicht greifenden Präventionsmaßnahmen.

Methodik: Literaturrecherche und Praxis-Fazit.

Ergebnis und Diskussion:
15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland haben Übergewicht; bei etwa einem Drittel (6,3%) von ihnen ist es so ausgeprägt, dass man von Adipositas spricht.

Der Anteil übergewichtiger Kinder und Jugendlicher hat sich gegenüber den 1980er- und 1990er-Jahren um 50% erhöht.

Übergewicht und Adipositas sind bereits im frühen Kindesalter assoziiert mit ausgeprägten metabolischen Alterationen, Endotheldysfunktion, pathologischen Intima-Media-Dicken (IMT), eingeschränkter regenerativer Kapazität zirkulierender Progenitorzellen u.a.m..

Diese pathologischen Veränderungen tragen zur Entwicklung generalisierter Gefäßschäden als Frühform einer Atherosklerose bei.

Übergewicht kann bereits bei Kindern zu Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes führen und leistet zahlreichen Spätfolgen im Erwachsenenalter Vorschub.

Jungen und Mädchen aus sozial benachteiligten Familien sind dreimal so häufig adipös wie Kinder und Jugendliche mit hohem Sozialstatus.

Das höchste Risiko für Übergewicht haben Kinder, deren Eltern übergewichtig sind.

Junge Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf bedürfen der Beratung und konkreter Hilfe zu den Themen Stillen bzw. Ernährung, Bewegung und Stressregulation sowie Vermittlung von konkreten Angeboten in der näheren Umgebung.

Mit dem Ausbau von Ganztagsschulen und Kindertagesstätten müssen verstärkt gesundheitsfördernde Konzepte umgesetzt werden. Dazu gehören vor allem täglich gesunde Mahlzeiten und ausreichend Bewegungsräume und –zeiten.

Präventions- und Therapiemaßnahmen, die sich als wirksam erwiesen haben, sollen künftig ein Qualitätssiegel bekommen.

Konklusion:
Die Herz-Kreislauf-Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist in den vergangenen Jahren deutlich schlechter geworden, im Gegensatz zum weltweiten Trend bei Erwachsenen.

Kinder und Jugendliche profitieren deutlich von Lebensstiländerung (u.a. Benefit BMI, RR, iGT, IMT, PWC, kardiovaskuläres Risiko) durch Gewichtsabnahme, Steigerung der körperlichen Aktivität, weniger TV- und PC-Konsum, Rauchen aufgeben, keine Fehlernährung, ausreichend Obst und Gemüse.
Adipositasprävention bei Kindern ist umso wichtiger, da bei bereits bestehender Adipositas die Effektivität konservativer Gewichtsreduktionsbehandlungen zwar als evident gilt, konsistente Befunde konservativer Adipositas-Behandlungen (RCTs, Metaanalysen) hinsichtlich Gewichtsabnahme aber nur ein sehr begrenzt erreichbares Ausmaß belegen.


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