Clin Res Cardiol 106, Suppl 2, October 2017

Kardiale Evaluation von Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) vor Pharmakotherapie – Verunsicherung bei Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen im Vorfeld und Verlauf
R. Eyermann1
1Medizinische Abteilung, Klinik Schönsicht Berchtesgaden, Rehabilitation für Kinder und Jugendliche, AHB, Kind-Mutter/Vater-Rehabilitation, Berchtesgaden;

Problemstellung:
Berichte von plötzlichen unerwarteten Todesfällen (SUD) bei Patienten mit ADHS, die Stimulanzien eingenommen haben, führten zu Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Psychopharmaka. Insbesondere die Frage, ob oder nicht Stimulanzien das Risiko von unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen erhöhen, hat zu einer Debatte über die angemessene Evaluation geführt, um Patienten mit nicht diagnostizierten at-Risk für angeborene Herzerkrankungen und/oder Arrhythmien auf Medikamente vor dem Start der Behandlung von ADHS zu identifizieren. Pädiater und Internisten, Kardiologen und Psychiater sind stark verunsichert. Noch größer ist die Verunsicherung ärztlicher Kollegen hinsichtlich der Notwendigkeit eines Vor-EKG vor Stimulanzien-Therapie. 

Methodik:
Evidenzbasierte Literaturrecherche und Praxis-Fazit.

Ergebnis:
ADHS ist eine häufige Störung und betrifft 8-10% aller Kinder im Schulalter. Stimulanzien einschließlich Methylphenidat (Ritalin, Methylin, Concerta, Focalin, Metadate), Dextro (Dexedrine) und gemischte Amphetaminsalze (z.B. Adderall) sind wirksam um das Verhalten bei diesen Patienten zu verbessern.
Berichte von unerwarteten Todesfällen von Kindern, die Stimulanzientherapie erhalten haben, führten zu Bedenken, dass diese Medikamente das Risiko von kardiovaskulären unerwünschten Ereignissen erhöhen, einschließlich plötzliche unerwartete Todesfälle (SUD). Jedoch wurde in großen Kohorten-Studien kein erhöhtes Risiko für schwere kardiovaskuläre Nebenwirkungen bei Kindern mit Stimulanzien-Therapie im Vergleich mit der allgemeinen pädiatrischen Population gezeigt.       

Konklusion:
Kinder ohne Herzerkrankung –
Auf der Grundlage der verfügbaren Daten scheint es, dass Kinder ohne Herzerkrankung, die die Stimulanzien-Therapie erhalten, kein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse im Vergleich mit der allgemeinen pädiatrischen Population haben. Entsprechend den Empfehlungen der American Heart Association (AHA) und der American Academy of Pediatrics (AAP) kann eine Pharmakotherapie mit Stimulanzien bei einem Kind mit ADHS eingeleitet werden, wenn keine Anzeichen einer Herzerkrankung nach einer umfassenden kardiovaskulär-basiert konzentrierten Anamnese und körperlichen Untersuchung vorliegen.
Ein Vor-EKG vor Stimulanzientherapie wird von den wissenschaftlichen Fachgesellschaften different gefordert: erforderlich laut AHA, nicht erforderlich laut AAP: Je nach eigener Vorgehensweise ist man von höchster Stelle abgesichert. Viele Ärzte befürworten aber dennoch sicherheitshalber generell ein Vor-EKG, z.T. auch ein EKG im Verlauf der ADHS-Erkrankung.
Eine Co-Medikation zu Psychopharmaka, z.B. Risperidon sollte möglichst nicht QT-verlängernd sein (z.B. Cave Makrolide – sekundäres LQTS mit Torsade de pointes und Plötzlicher Herztod (PHT)/SUD sind dann möglich) !  

 

 


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