Clin Res Cardiol 106, Suppl 2, October 2017
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Blut-Harnstoff-Stickstoff (BUN): ein unabhängiger Risikoparameter für kritisch kranke Patienten an der Intensivstation?
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B. Wernly1, O. Arihan2, M. Lichtenauer1, M. Franz3, J. Müssig4, M. Masyuk4, B. Kabisch3, C. Schulze5, A. Lauten6, U. C. Hoppe1, M. Kelm4, C. Jung4
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1Universitätsklinik für Innere Med. II, Kardiologie u. intern. Intensivmedizin, Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsgesellschaft mbH, Salzburg, AT; 2Yuzuncu Yil University Faculty of Medicine, Van, TR; 3Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Jena, Jena; 4Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf; 5Klinik für Innere Medizin I - Kardiologie, Universitätsklinikum Jena, Jena; 6CC 11: Med. Klinik für Kardiologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin;
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Einleitung:
Für Patienten mit akut dekompensierter Herzinsuffizienz wurde Blut-Harnstoff-Stickstoff (BUN) als Risikoprädiktor für erhöhte Mortalität beschrieben. Ziel dieser Studie war es, Assoziationen der BUN-Aufnahmekonzentration mit der Mortalität von kritischen kranken Patienten, aufgenommen an einer Intensivstation, zu untersuchen.
Methoden:
In dieser Studie wurden 4176 Patienten, welche zwischen 2004 und 2009 an einer deutschen Intensivstation aufgenommen worden waren, untersucht. Das follow-up fand zwischen Mai und November 2013 statt. Aufnahmediagnosen waren Pneumonie (n=533), Pulmonalembolie (n=153), akutes Koronarsyndrom (n=1909), Sepsis (n=544) und dekompensierte Herzinsuffizienz (n=611). Mittels uni- und multivariater Cox-Regressions-Analyse wurden die Assoziationen von BUN und Mortalität untersucht. Mittels Youden-Index wurde ein statistisch optimaler cut-off berechnet.
Resultate:
Patienten mit BUN > 40mg/dl waren älter (68±0.2 Jahre vs 64±0.3 Jahre; p<0.001), klinisch kränker (SAPS2-Score 52±1 vs 32±1 vs; p<0.001 und APACHE2-Score 27±0.3 vs 16±0.5; p<0.001). Patienten mit höheren BUN-Konzentrationen bei Aufnahme litten öfter an laborchemischem Leber- (ALAT: 7.18±0.93 µmol/l*s vs 3.15±0.25 µmol/l*s; p<0.001; ASAT 3.61±0.40 µmol/l* vs 1.34±0.15 µmol/l*s; p<0.001) und Nierenversagen (Kreatinin 3.07±0.07mg/dL vs 0.87±0.01mg/dL; p<0.001).
Die Konzentration von BUN bei Aufnahme war - unabhängig von der Aufnahmediagnose - mit der Langzeitmortalität assoziiert (HR 1.013; 95%CI 1.012-1.014; p<0.001). Der optimale statische BUN cut-off für die Prädiktion von intrahospitaler Mortalität betrug 28mg/dL. Dieser cut-off war nicht nur mit der intrahospitalen Mortalität (HR 4.16; 95%CI 3.39-5.10; p<0.001) sondern auch der Langzeitmortalität assoziiert (HR 3.74; 95%CI 3.29-4.25; p<0.001). Die Assoziation dieses cut-offs mit der Langzeitmortalität blieb auch nach Korrektur für APACHE2 (HR 1.89; 95%CI 1.59-2.26; p<0.001), SAPS2 (HR 1.85; 95%CI 1.55-2.21; p<0.001) und mehrerer Parameter inklusive Kreatinin in einem integrativem Modell (HR 3.34; 95%CI 2.89-3.86; p<0.001) bestehen.
Weiters wurden 614 Patienten mit einer BUN Konzentration >28mg/dL bei Aufnahme mit Patienten mit BUN <28mg/dL in einer Fall-Kontrol-Analyse (Abgleich nach APACHE2 Scores) untersucht. Auch hier zeigt sich in einer gepaarten Analyse in der BUN>28mg/dL Gruppe eine Übersterblichkeit, sowohl intrahospital (Differenz 5.85%; 95%CI 1.23-10.47%; p=.02) als auch in der Langzeitanalyse (log-rank <0.001).
Conclusio
Hohe BUN Konzentrationen bei Aufnahme identifizieren ein kränkeres Patientenkollektiv, welches eine deutliche Übersterblichkeit aufweist. Da die Assoziation der BUN Konzentration bei Aufnahme mit der Mortalität auch nach Korrektur für mehrere klinisch relevante Einflussfaktoren in einer multivariaten Analyse bestehen blieb, mutmaßen wir, dass hohe BUN Konzentrationen einen eigenständigen Risikofaktor darstellen, der nicht nur Information über die renale Situation gibt sondern auch über aktivierte neurohumorale Kaskaden und einen gestörten Proteinmetabolismus. Da die BUN Konzentration leicht zu ermitteln ist, könnte sie einen einfachen, aber potenten und verlässlichen Parameter zur Risikostratifikation von kritischen kranken ICU Patienten darstellen.
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http://www.abstractserver.de/dgk2017/ht/abstracts//P233.htm
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