Z Kardiol 94: Suppl 2 (2005)

Welchen Stellenwert hat die zusätzliche Gabe von Clopidogrel zur Thrombolyse bei Patienten mit akutem ST-Hebungsinfarkt?
H.-P. Hobbach1, J. Hundertmark2, S. Christel2, S. Franczak2, P. Schuster2
1, Netphen; 2Med. Klinik II, Kardiologie, St. Marien-Krankenhaus, Siegen;
Fragestellung: Der Vorteil einer zusätzlichen Gabe von Clopidogrel (Clo) zu Aspirin und einer fibrinolytischen Therapie konnte, ohne eine Erhöhung von Blutungsereignissen, bei Patienten (Pat) mit akutem ST-Hebungsinfarkt (STEMI) nachgewiesen werden. Eine invasive Diagnostik wurde hier mit zeitlicher Verzögerung durchgeführt. Die akute perkutane Koronarintervention (PCI) nach thrombolytischer Monotherapie ist problematisch, die Gabe eines Glykoprotein IIb/IIIa Antagonisten wird in diesen Fällen empfohlen. Es stellt sich die Frage, ob die zusätzliche Gabe von Clo zu Aspirin und einer kombinierten fibrinolytischen Therapie bei routinemäßiger Anwendung einer akuten invasiven Diagnostik sicher und sinnvoll ist?
Methode: 140 konsekutive Pat (Alter 65±12 Jahre) mit STEMI, Symptomdauer ≤ 6 Std, erhielten die halbe Dosis Tenecteplase plus Eptifibatide (Doppelbolus 180/180 μg/kg im Abstand von 10 min plus Infusion 2,0 μg/kg/min über 48 Std), Aspirin und unfraktioniertes Heparin. Die ersten 60 Pat erhielten nur dann Clo, wenn eine PCI mit Stentimplantation durchgeführt wurde. Die folgenden 80 Pat erhielten innerhalb von 2 min nach Tenecteplase 300 mg Clo und im Anschluss 75 mg pro Tag über 30 Tage. Eine Koronarangiographie wurde 60 min nach Therapiebeginn durchgeführt.
Ergebnisse: Es fand sich kein statistisch signifikanter Unterschied im Risikoprofil der beiden Gruppen (TIMI Risk Score für STEMI Pat 4±3 vs 5±3, p=0,063). Eine Revaskularisation erfolgte bei 103 Pat (74%). Die Ergebnisse sind in der Tabelle zusammengefasst. In einem logistischen Regressionsmodell war die Revaskularisation der Gabe von Clo im kombinierten Endpunkt Tod, Reinfarkt, erneute Ischämie nach 30 Tagen und 6 Monaten überlegen [OR 0,2 (95%CI 0,1-0,8); p=0,001 vs 1,7 (0,5-5,2); p=0,393 und 0,3 (0,1-0,7); p=0,006 vs 3,4 (1,2-9,9); p=0,025].
Schlussfolgerung: Die zusätzliche Gabe von Clo zu Aspirin und einer kombinierten Thrombolyse hatte keinen Einfluss auf die frühe Offenheit des Infarktgefäßes. Auch in klinischen Endpunkten zeigte sich keine Überlegenheit, wenn eine akute invasive Diagnostik durchgeführt wurde. Unter gleichzeitiger Anwendung eines Glykoprotein IIb/IIIa Antagonisten kam es tendenziell zu einem höheren Blutungsrisiko. Die routinemäßige Gabe von Clo zu Aspirin und Thrombolyse kann bei Pat mit STEMI nicht generell empfohlen werden oder eine akute/frühe invasive Diagnostik ersetzen.
 Ergebnisseohne Clopidogrel
(n=60)
mit Clopidogrel
(n=80)
Odds Ratio
(95%CI)
p-Wert
 Tod, Reinfarkt, erneute Ischämie bis Tag 30
5 (8,3%)12 (15,0%)
1,9 (0,6-5,8)
0,232
 TIMI 3 Fluss nach 60 min
40 (71,4%)  43 (68,3%)
0,9 (0,4-1,9) 0,392 
 TIMI 0 und 1 Fluss nach 60 min
 11 (19,6%)
 10 (15.8%)
 0,7 (0,5-3,3)
 0,590
 Schwerwiegende Blutungen bis Tag 30
 1 (1,7%)
 6 (7,5%)
 4,8 (0,6-40,8)
 0,239
 Alle Blutungen bis Tag 30
 7 (11,7%)
 18 (22,5%)
 2,2 (0,9-5,7)
 0,098
 Der TIMI Fluss wurde bei 63 Pat in der Gruppe ohne Clo und bei 56 Pat in der Gruppe mit Clo bestimmt.



http://www.abstractserver.de/dgk2005/ht/abstracts/P475.htm