Z Kardiol 94: Suppl 2 (2005)

Gerinnungshemmende und/oder antientzündliche Therapie: Was ist anders beim Diabetiker?

T.K. Nordt1
1Stuttgart;
Bei der gerinnungshemmenden Therapie der koronaren Herzkrankheit (KHK) kommen derzeit Acetylsalicylsäure (ASS), Clopidogrel, unfraktioniertes Heparin (UFH), niedermolekulare Heparine (LMWH) und Glykoprotein IIb/IIIa-Rezeptorblocker (GP-RB) zum Einsatz. Die KHK manifestiert sich als stabile KHK oder als akute koronare Syndrome mit ST-Hebung (STEMI) oder ohne ST-Hebung (NSTEMI). Beim Diabetes mellitus tritt die KHK häufiger auf, der Verlauf und die Prognose sind meist deutlich ungünstiger.

Zur Hemmung der plasmatischen Gerinnung stehen UFH und LMWH zur Verfügung. Beim NSTEMI sind LMWH als Gruppe und UFH in ihrer Effektivität gleichwertig. Neueste Studien (AtoZ, SYMPHONY) zeigen jedoch eine geringe Überlegenheit des LMWH Enoxaparin gegenüber dem UFH (Abnahme des kombinierten Endpunkts Tod oder Myokardinfarkt nach 30 Tagen in einer Meta-Analyse von 11,0 auf 10,1%). Die Subgruppenanalysen beider Studien weisen dabei nicht auf Unterschiede zwischen Diabetikern und Nicht-Diabetikern hin. Beim STEMI wird bevorzugt UFH eingesetzt, ohne dass hier klinisch relevante Besonderheiten bei Patienten mit Diabetes zu berücksichtigen sind.

Zur Hemmung der zellulären Gerinnung, der Thrombozyten, wird Diabetikern (im Gegensatz zu Nicht-Diabetikern) aufgrund mehrerer prospektiver Studien bereits im Rahmen der Primärprophylaxe empfohlen, bei Vorliegen mindestens eines weiteren kardiovaskulären Risikofaktors ASS einzunehmen. In der Sekundärprophylaxe ist ASS unabhängig vom Vorliegen eines Diabetes fest etabliert. Dort führte Clopidogrel in der CAPRIE-Studie im Vergleich zu ASS bei Diabetikern zu einer noch stärkeren Reduktion des kombinierten Endpunkts (vaskulär bedingter Tod, Herzinfarkt oder ischämischer Schlaganfall) als im Gesamtkollektiv der Studie. Wurde der Diabetes mit Insulin behandelt, waren die Unterschiede noch ausgeprägter. Beim NSTEMI in der CURE-Studie verringerte die Gabe von Clopidogrel (zusätzlich zu ASS) die Inzidenz des primären Endpunkts im Vergleich zur alleinigen ASS-Gabe unabhängig vom Vorliegen eines Diabetes. Dagegen profitierten beim NSTEMI die Diabetiker von der Gabe von GP-RB in signifikant größerem Umfang als die Nicht-Diabetiker.

Zusammenfassend bestehen bei der gerinnungshemmenden Therapie der KHK keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen Diabetikern und Nicht-Diabetikern. Das zum Teil unterschiedlich ausgeprägte Ansprechen vor allem auf antithrombozytäre Medikamente macht beim Diabetes jedoch einen großzügigeren Einsatz erforderlich.