Z Kardiol 94: Suppl 2 (2005)

Tachykarde Arrhythmien: Wo muss sofort gehandelt, wo kann abgewartet werden?
C. Reithmann1
1Medizinische Klinik und Poliklinik I, Klinikum Großhadern der LMU, München, BusinessLogic.Land;
Jährlich sterben in Deutschland etwa 100000 Menschen am plötzlichen Herztod. Den lebensbedrohlichen Arrhythmien liegen in 65-85 % Kammerflimmern, in 7-10 % ventrikuläre Tachykardien und in 5-30 % Asystolien zugrunde. Als auslösender Faktor überwiegt in ca. 80 % die koronare Herzerkrankung, wobei in 40 % ein akuter Myokardinfarkt und in 40 % in transientes koronarischämisches Ereignis ohne größere transmurale Narbe gefunden werden.
Beim Herzstillstand aufgrund von Kammerflimmern stellt die Zeit vom Kollaps bis zur Defibrillation die wichtigste Determinante des Überlebens dar. In dem Algorithmus zur Akutversorgung von Kammerflimmern nach der ABCD Regel wird die Bedeutung der frühzeitigen Defibrillation deutlich. Antiarrhythmika kommen erst spät zum Einsatz, wobei Amiodaron zu einer höheren Überlebensrate bis zum Eintreffen im Krankenhaus führt und Lidocain im Einsatz bei der Reanimation bei Kammerflimmern abgelöst hat. Generell gilt, daß bei Tachykardie mit breitem QRS Komplex, wenn hämodynamisch vertretbar, eine 12-Kanal EKG Dokumentation angestrebt werden sollte. Im Falle einer anhaltenden VT ist entweder die elektrische Kardioversion angezeigt oder ein medikamentöser Behandlungsversuch. Hier sollte in erster Linie Amiodaron, erst dann Lidocain zum Einsatz kommen. Ajmalin ist zwar dem Lidocain zur Kardioversion überlegen, sollte aber bei eingeschränkter LV Pumpfunktion nur zurückhaltend eingesetzt werden. Bei polymorphen Kammertachykardien werden neben dem Weglassen der auslösenden Noxe Magnesiumsulfat und ß-Blocker eingesetzt. Bei Vorliegen von Vorhofflimmern oder -flattern mit schneller Kammerfrequenz ist in der präklinischen Versorgung in der Regel die Senkung der Kammerfrequenz das wesentliche Behandlungsziel. Zur Frequenzkontrolle kommen in erster Linie ß-Blocker und Amiodaron zum Einsatz. Bei hämodynamischer Instabilität ist eine rasche Kardioversion angezeigt. In früheren Jahren wurde versucht, durch prophylaktische Antiarrhythmikagabe das Auftreten lebensbedrohlicher Arrhythmien zu verhindern. Durch eine prophylaktische Lidocaingabe bei akutem Myokardinfarkt konnte aber die Infarktletalität nicht reduziert werden. Daher ist eine antiarrhythmische Therapie von ventrikulären Extrasystolen, Couplets und ventrikulären Salven nicht indiziert (außer ß-Blocker). Im Vordergrund steht das EKG Monitoring und die sofortige Therapie lebensbedrohlicher Arrhythmien.
"Load and go" oder "stay and play" ist das Schlagwort, das die Kontroverse um die Strategie der präklinischen Versorgung charakterisiert. In der Therapie anhaltender ventrikulärer Tachyarrhythmien stellt die elektrische oder medikamentöse Kardioversion vor Einleiten des Transportes die geeignete Strategie dar. Bei ventrikulärer Extrasystolie ist eine prophylaktische Antiarrhythmikagabe in der präklinischen Versorgung nicht indiziert.

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