Z Kardiol 94: Suppl 2 (2005)

Die Schilddrüsendysfunktion des älteren Patienten: ein häufig unterschätztes Problem
R. Paschke1
1Med.-Klinik und Poliklinik III, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, BusinessLogic.Land;

Die Hyperthyreose des älteren Patienten ist in der Regel oligo- oder asymptomatisch. Lediglich Tachycardie, Müdigkeit und Gewichtsverlust können bei  > 50% der Patienten mit Hyperthyreosen im Alter > 70 Jahre identifiziert werden. Andererseits treten Gewichtsverlust und Absolute Arrythmie bei älteren Patienten mit Hyperthyreose häufiger auf als bei jüngeren Patienten mit Hyperthyreose auf.

Die häufigste Ursache der Hyperthyreose bei Patienten (> 55 Jahre) in Regionen mit mildem Jodmangel ist die Schilddrüsenautonomie (55%) und nur selten der Morbus Basedow (21%). Dies liegt an der in Regionen mit mildem Jodmangel mit dem ansteigenden Lebensalter zunehmenden knotigen Umwandlung der Schilddrüse. Im Rahmen dieser (Fehl-) Anpassungsvorgänge steigt auch die Häufigkeit autonomer Areale in diesen knotigen Schilddrüsen, wie durch I. die negative Korrelation von TSH und Schilddrüsenvolumen, II. abnehmende TSH-Werte bei zunehmender Schilddrüsenknotenanzahl und III. eine 40 % Häufigkeit für szintigraphisch detektierbarer autonomer Areale in euthyreoten Strumen gezeigt wurde. Auch in bereits sehr kleinen, nur autoradiographisch detektierbaren autonomen Arealen euthyreoter Strumen konnten somatische, konstitutiv aktive TSH-Rezeptormutationen nachgewiesen werden, welche in ca. 60 – 80 % der hyperthyreoten autonomen Schilddrüsenadenome gefunden werden.

Aus diesen Gründen wurde für Normalpersonen einer Regionen mit mildem Jodmangel, wie Deutschland ein niedrigerer TSH Referenzbereich von 0,25 – 2.12 mIU/L als der amerikanische NACB TSH-Normalbereich von 0,4 – 4.0 mIU/l ermittelt, welcher für eine Region mit ausreichender Jodversorgung erhoben wurde. Obwohl für diese deutsche Referenzpopulation Personen mit Strumen, Schilddrüsenknoten, TPO-Antikörpern, inhomogenen oder hypoechogenen Echomuster in der Sonographie ausgeschlossen wurden, ist sehr wahrscheinlich, dass dieser niedrigere TSH-Referenzbereich auf  kleine autonome Areale in diesen sonographisch „normalen“ Schilddrüsen zurückgeführt werden kann.

Diese Interpretation wird durch die Beobachtung Jod-induzierter Hyperthyreosen bei Patienten mit „normalen“ TSH-Werten und sonographisch unauffälligen Schilddrüsen unterstützt. Daher sollten nicht nur Patienten mit supprimierten TSH-Werten, sondern auch Risikopatienten mit Struma oder Schilddrüsenknoten vor und 14 Tage nach der Applikation Jod-haltiger Röntgenkontrasmittel eine Therapie mit Perchlorat und ggfls. Thiamazol/Methimazol erhalten. Weiterhin sollten ältere Patienten mit supprimierten TSH-Werten (latenten Hyperthyreosen) aufgrund ihrer erhöhten Inzidenz kardiovaskulärer Todesfälle eine niedrig dosierte thyreostatische oder ggfls. ablative Therapie mit dem Ziel der TSH Normalisierung erhalten.


http://www.abstractserver.de/dgk2005/ht/abstracts/H174.htm