H353 Diabetes Mellitus: Insulin, orale Antidiabetika oder beides?
D.Müller-Wieland
Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut, Düsseldorf.

Der Diabetes mellitus Typ 2 nimmt epidemieartig zu. Der Diabetes ist nicht nur eine der häufigsten Ursachen für die Erblindung, den Einsatz der Nierenersatzverfahren sowie für Amputationen der unteren Gliedmaßen, sondern Patienten mit Typ-2-Diabetes haben auch ein drei- bis fünffach erhöhtes Risiko, kardiovaskuläre Komplikationen zu erleiden. Ziel einer antihyperglykämischen Therapie ist es u. a., die mikroangiopathischen und wenn möglich auch makroangiopathischen Komplikationen zu reduzieren. Grundsätzlich sollten Medikamente nur eingesetzt werden, wenn keine befriedigende Stoffwechseleinstellung trotz Ausschöpfung aller nicht-medikamentösen Maßnahmen erreicht werden kann. Dies betrifft insbesondere die Gewichtsreduktion. Bei den Medikamenten stehen verschiedene Substanzgruppen zur Verfügung, nämlich Glukosidase-Inhibitoren, Biguanide, Sulfonylharnstoffe, Glinide und Glitazone. Glukosidase-Inhibitoren verlangsamen den Abbau von Di- bzw. Polysacchariden im Bürstensaum des Dünndarms, wodurch die Absorption von Glukose verzögert wird. Hierdurch werden insbesondere postprandiale Blutzuckeranstiege mitigiert. Hypoglykämien werden nicht beschrieben. Kürzlich ist gezeigt worden, dass die Gabe von Acarbose bei Probanden mit einer gestörten Glukosetoleranz nicht nur die klinische Manifestation des Diabetes mellitus Typ 2 reduzieren kann, sondern auch das Auftreten von kardiovaskulären Komplikationen. Metformin verbessert die Blutzuckereinstellung durch Verminderung der Insulinresistenz sowie Glukoseproduktion an der Leber sowie zusätzlich im Bereich der Skelettmuskulatur. In der UKPDS-Studie gab es Hinweise für eine Senkung kardiovaskulärer Komplikationen. Sulfonylharnstoffe werden insbesondere bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und Normalgewicht empfohlen bzw. bei Patienten mit Übergewicht und Kontraindikationen für Metformin. Sulfonylharnstoff-Analoga, genannt Glinide, sind ebenfalls β-zytotrope Substanzen, die auf Grund ihres raschen pharmakokinetischen Profils eine günstige Wirkung auf die postprandialen Anstiege des Blutzuckers haben. Neues “Target” für die sog. Glitazone ist der Peroxisomale Proliferator Aktivator-Rezeptor (PPAR)-gamma2, der eine entscheidende Rolle bei der Differenzierung und Fuktion von Fettzellen, Fettverteilung und Insulinsensitivität spielt. PPAR-Liganden verbessern die Blutglukose-Kontrolle durch Verminderung der Insulinresistenz am Fettgewebe, an der Skelettmuskulatur und Leber. Die Indikation besteht bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, bei denen die Blutglukose-Stoffwechseleinstellung trotz einer maximal verträglichen Monotherapie mit Metformin oder bei seiner Unverträglichkeit mit Sulfonylharnstoffen nicht das Ziel der HbA1c-Spiegel erreicht.

Als Therapieziel wird bei Patienetn mit Typ-2-Diabetes ein HbA1c < 6,5 % empfohlen. Eine Kombinationstherapie von Insulin und oralen Antibiotika beginnt üblicherweise mit der Gabe von basalem Insulin zur Nacht, um die endogene Glukoseproduktion zu hemmen. Die Dosis dieser basalen Insulingabe wird so titriert, dass nächtliche Hypoglykämien vermieden werden und der Nüchtern-Blutzucker 100 mg/dl erreicht. Die oralen Antidiabetika werden dann tagsüber gegeben. Sollte in dieser oder durch andere Formen der Kombinationstherapie z.B. nach drei Monaten das HbA1c nicht unterhalb einer akkzeptablen Grenze von 7.0% liegen, sollte ggf. auf eine alleinige konventionelle oder intensivierte Insulintherapie umgestellt werden.

Klinisch ist ein grundsätzliches Ziel, durch eine Optimierung der antihyperglykämischen Therapie nicht nur die mikrovaskulären, sondern ggf. auch die makrovaskulären Komplikationen zukünftig zu reduzieren. Im Jahre 2003 hat die Deutsche Diabetes-Gesellschaft ihre Evidenz-basierten Diabetes-Leitlinien zur “antihyperglykämischen Therapie des Diabetes mellitus Typ 2” publiziert (Diabetes und Stoffwechsel 12, Suppl. 2, 13-31, 2003).